Hekate, Osewoudt, Inneres Gebirge Obwohl man davon ausgehen kann, dass die Zeit der hitzigen Diskussionen um deutschsprachige Folkmusik der okkulten, heidnischen oder apokalyptischen Art längst vorbei ist, haben sich die Erben von Forseti, Orplid, Ernte und Sonne Hagal vervielfacht und füttern den Markt regelmäßig mit neuen oder wiederveröffentlichten Alben. Die offenbar vorhandene Basis mag damit zusammenhängen, dass gerade dieser Sektor auch im nichtdeutschsprachigen Raum für diese Bands empfänglich ist, stehe sie doch ähnlich wie Rammstein für eine spezielle Idee des 'Deutschen', die wie ein genuin europäisches Identitätsideal gehandelt wird. Außenstehenden Hörern werden Bands wie Darkwood, Falkenstein oder Seelenthron sehr ähnlich bis austauschbar erscheinen in ihrem reduzierten Klangbild aus Akustikgitarre, Percussions, Flöte und Harmonium, doch der geneigte Fan wird sorgsam die inhaltliche Ausreichtung unetrscheiden: in neue deutsche Lyrik (Jännerwein), heidnische Naturmystik oder gar martialische Vergangenheitsverklärung. Dieses intentionale Raunen ist es auch, das die ideologische Diskussion um diese Musik einst auslöste. Aus okkultem und mythologischem Kontext speist sich das Debütalbum von Inneres Gebirge, einer Formation aus dem Kontext der esoterischen Edition Roter Drache sowie der Folkband Aeldaborn. Anders als letztere, deren Album eher unausgeglichen erscheint, hat man sich mit "Schlafender König" sorgsam um eine Kohärenz von Form und Inhalt bemüht. So stimmen hier die Gitarrenspuren, Flötenmelodien, dynamischen Streicher und perkussiven Marschakzente (Anspieltip: "Schwarzer Wein"). Wie meist ist der Gesang hier weder ausgebildet noch sonderlich kraftvoll, doch mehr als in jedem anderen Genre populärer Musik steht hier 'Substance over Style'. Dass sich die deutsche Sprache mehr zum rezitativen Vortrag als zum hymnischen Gesang eignet, macht das Album jedoch einmal mehr deutlich. Höhepunkt ist daher nicht von Ungefähr auch das englischsprachige "The Tyger" nach William Blake, doch auch in anderen Stücken gibt es reizvolle Drumarrangements, mitreißende Melodien und eingängige Refrains zu entdecken. Obwohl aus Holland stammend, bedient sich auch die neue Formation Osewoudt weitgehend deutscher Lyrics, was in der Mischung die Ähnlichkeit zum Holländischen umso mehr betont. Ist bei Inneres Gebirge das Artwork noch etwas hausbacken, passt bei "Gelag van zwartgeklede Kraaien" (Lichterklang) alles zusammen: romantisch-mythische Gemälde, beige und braun. Inhaltlich geht man kämpferischer vor und betont eher historisch-identitäre Themen ("Die versunkene Krone", "Eiserne Zeit"). Sehr gelungen ist die Zusammenarbeit mit Art Abscon, einem weiteren Neuling in diesem Umfeld auf "Die Sonne dreht sich um mich". Da auch auf diesem Album der Gesang deutlich schwächelt, bleibt das Album vor allem für ein geneigtes Gnrepublikum interessant. Die Koblenzer Formation Hekate gehört ihrer zwei Dekaden umfassenden Bandgeschichte nach eher zu den etablierten Beispielen neuer deutscher Folkmusik. Eher traditionalistisch und mythologisch interessiert, wurde man vor allem für ein Album zur Demokratiebwegung bekannt: "Hambach". Das Label Auerbach legte jüngst mit "Sonnentanz" und "Tempeltänze" zwei frühere Alben neu auf, die den typischen Stil zwischen ekstatischen Trommelstücken und elegischer deutschsprachiger Folkmusik ausloten und repräsentieren. "Sonnentanz" gemahnt dabei u.a. an die Wandervogelbewegung, die deutschsprachiges Liedgut gepflegt hatte. Hier findet man auch Lieder von "Hambach" in neuen Versionen "Die Gedanken sind frei"). "Tempeltänze" dagegen ist weit ritueller angelegt und spielt mit "Mithras' Garden" auch verschlüsselt an die von der Band veranstalteten Konzertreihe in Koblenz an. Während die beiden Alben musikalisch durchaus reizvoll erscheinen, bleibt auch hier der nasalierte Männergesang sehr streitbar. Insgesamt lässt sich sagen, dass deutschsprachige Folkmusik noch immer floriert und ein ganz eigenes Segment darstellt, das sich längst aus dem Umfeld von Postindustrial und Gothic befreit hat. Ivan Kostor
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