Darkwood

Ins dunkle Land

BESTELLEN

(Heidenvolk/Tesco 2009) CD 12 Tracks

Nachdem sich neue deutsche Folkmusik nach vielen weltanschaulichen Grabenkämpfen nun als festes Segment im unabhängigen Musiksektor etabliert hat, setzt auch umgehend eine Gewöhnung ein, die sowohl Standards wie auch Redundanzen hervorbringt. In der Sehnsucht nach Originalität und Distinktion wurde der Griff in die Mottenkiste des alpinen Liedgutes obligatorisch, und so sieht sich der Freund melancholischer Akustikgitarren nun umgeben von einer Schwemme von grotesken Mundartbands in weißem Hemd und Krawatte, die den Stil endgültig ad absurdum treiben. Eine der letzten verlässlichen Konstanten bleibt jedoch die Dresdner Formation Darkwood, die nun nach einiger Wartezeit ihr neues Werk präsentiert.

Betrachtet man das Cover, kommen deutliche Erinnerungen an "Flammende Welt", das vermutlich eindrucksvollste Werk von Darkwood auf, das diese spezielle Mischung aus Untergangspathos, deutschen und englischen Lyriks, martialischen Trommeln, filigranen Zupfakkorden und elegischen Streichern endgültig definierte. Danach wandte man sich anderen Themen zu ("Herbstgewölk") und reduzierte die Klangwelt zusehends ("Notwendfeuer"). "Ins dunkle Land" kehrt nun zur Europäischen Tragödie des Zweiten Weltkrieges zurück.

Das Intro "Schattenfahrt" trommelt noch einmal zum Kampf und setzt fatalistische Signale. Was bleibt, ist Schmerz und Verlust. das wird beklagt und gefeiert, mit stoischem Strumming, tiefernstem Gesang und einer deutlichen Hinwendung zum Gitarrenpop. Statt also traditionalistische Pfade zu suchen, gibt sich Darkwood progressiv und sucht nach dem verständlichen Klang. Das gelingt, und Stücke wie "Nothing Left to Loose" (das extrem und im besten Sinne an Death in June erinnert) oder "Break of Dawn" fügen sich sehr gut in die neue Variante düsteren Folkpops, wie man sie von Rome und Ostara schätzen gelernt hat.

Wer ernsthafte und wahrhaft tragische Folkmusik sucht, wird dieses Konzeptalbum von Darkwood begrüßen, andere werden es als reaktionär verdammen. Doch künstlerischer Ausdruck in Grenzbereichen ist legitim. Es kommt darauf an, wie die individuelle Sehnsucht strukturiert ist.

I.Kostor