Sonne Hagal

Ockerwasser

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(Luftschutz 2014) CD

Einen Raunen geht durch die Neofolkszene: Sonne Hagal, eine der letzten noch schimmernden Galleonsfiguren dieses Stil, wartet mit einem neuen Album auf, dem ersten neuen material seit Jahren. Und "Ockerwasser" ist in fast jeder Hinsicht das, was man davon erwarten mag...

Es geht in brilliantem Sound und gewohnter Instrumentierung los: 'Shape of Thing to Come' ist ein charismatischer und klanglich reicher Einstieg - eingängig und düster, getragen von sonorem Gesang. Eine Warnung in schöner Verpackung - und zugleich ein Prototyp des gesamten Albums. 'Morpheus' wartet mit einer einschmeichelnden Trompeten-Hookline auf und bietet zudem Leithana von Ordo Equitum Solis als Chorussängerin. Auch hier bleibt das langsame Akustikgitarren-Strumming im Zentrum, was einen ebenso relaxenden wie ermüdenden Effekt hat. 'Of Dissembling Worlds' beschwört einen sanften Naturmystizismus, getragen von gezupften Akkorden und einem willkommen verzerrten E-Gitarrendrone, bevor sich das gewohnte Strumming über den Song ergießt. 'After the Rain' hat das Zeug zur Hymne. Zweifellos der Ohrwurm des Album, legt es erstmals etwas an gesanglicher Energie und Tempo zu. Ein schönes Lied mit utopistischem Potential. 'Black Spring' ist eines der düstersten Stücke und basiert vor allem auf einem gelungenen Streicherarrangement - es mutet fast mittelalterlich an. 'Thyme' arbeitet mit einem elektronischen Loop und Klavierfragmenten und steogert die musikalische Komplexität, ohne den gediegenen Duktus zu verlassen. 'Silence' erinnert noch einmal nachdrücklich daran, dass auch Kim Larsen von :Of the Wand and the Moon: hier beteiligt ist. 'Gold' hat einen pathetischen Frauenchorus und dumpfe Drumakzente, bleibt aber im Einlullenden einer fragilen Xylophonmeldodie. Erstaunlich ist dann 'Devon', ein sehr folkloristisch basierter Song, dunkel, voll geheimnisvoller Samples - auf irisierende Weise schön. Mit 'Mediocrity in Love Rejected' folgt ein pessimistischer Lovesong, melodiös und geschmeidig. 'Assassins' zieht dann thematisch wieder an, und bietet zu der Hookline 'Where is your guard now?' ein Peitschengeräusch, dass mich stark an den Song 'But what end when the symbols shatter' von Death in June erinnert. Sehr stark, um genau zu sein. Aber warum nicht, das besagte Album ist ja über 20 Jahre alt...

Extrem positiv fällt auf, dass sich Sonne Hagal durch den konsequenten Verzicht auf deutschsprachige Texte ebenso wie die vergleichbaren Darkwood aus der Sackgasse des hiesigen Neofolks hinausbewegen, dabei jedoch umso mehr klingen wie Death in June 1992. Das ist sicherlich nicht schlecht, und vermutlich gibt es eine Menge Leute, die diesem Umstand begrüßen. Doch zugleich kann man hier nicht wirklich aufregende Impulse erwarten. Solch klassischer Neofolk bleibt konservativ und unaufgeregt, zweifellos auf seine Weise schön und absolut gefahrlos.

Das gewohnt minimalistische und stilsichere Artwork mit bronzezeitlichem Sonnenrad deutet übrigens eine motivische und inhaltliche Archaik an, die die Musik selbst an keiner Stelle einlöst. Sonne Hagal bleibt hier in sicheren modernen Gefilden - wer es ritueller und brachialer mag, sollte sich nach Wardruna, Mars oder Splinterskin umsehen.

MaNic