Werkraum

Unsere Feuer brennen!

(Cold Spring 2004) 11 Tracks

BESTELLEN

Nach mehreren gelungenen Samplerbeiträgen der Berliner Neofolkband Werkraum konnte man auf das seit längerem auf dem englischen Label Cold Spring angekündigte Debütalbum gespannt sein. Der Sound von Werkraum glänzte bislang durch prägnante, hart angeschlagene Akustiggitarren und energetische Vocals, wobei des Öfteren mit den Londonern Lady Morphia zusammengearbeitet wurde (so auch auf dieser CD).

Die CD kommt im goldbedruckten Pappcover - ein kleines Klappcover, das an LP-Hüllen denken lässt. Es beginnt mit einem majestätischen Neoklassikbombast, "Nocturne", zu dem Nick Nedzinsky von Lady Morphia in markanter Stimme den Tod begrüßt - eine stimmige Hommage an die späten Death in June (vergleichbar der "Take Care and Control"). Track 2 ist dann leider bereits einer der Schwachpunkte der CD: Das Gitarrenarrangement ist zweifellos gelungen, doch hier hadert die etwas dünn gemischte Stimme mit dem sehr unlyrischen deutschen Text. Anders das von einer klaren Frauenstimme vorgetragene "Chanson de la plus haute tour", das etwas nach Pilori klingt. Erstaunlich übrigens, wie ein solch pantheistisches Lied doch Ähnlichkeiten zu christlicher Liedermacherkunst aufweist... Hier ist des Text allerdings Rimbaud entnommen.

"Einsamer nie" (Track 4) beweist dann wiedrum eine deutliche Nähe zu Military/Ambient-Stücken, wie man sie auch von Darkwood kennt. Ohnehin ähnelt sich das Konzept beider Gruppen, wobei Werkraum noch etwas unter jenen Schwächen leidet, die auch die erste Darkwood-CD etwas zwiespältig erscheinen lassen. "Legion" beginnt mit Choralloops, entwickelt sich dann aber bald zu einem trommellastigen Folkhymnus mit kämpferischer Attitüde. Wiederum hat man aus den Vocals nicht alles herausgeholt, wodurch das Stücke einiges verliert.

"Steh auf Nordwind" ist "Des Knaben Wunderhorn" entnommen und beschwört den Geist der Jugendbewegungen des frühen 20. Jahrhunderts. Hier erklingen auch verstärlt E-Gitarren und pathetische Keyboardsounds. "Dignitas Dei" schließt an Track 4 an und mischt Choralsamples mit elektronischen Sequenzen. Immer wieder bezieht sich Werkraum auf den Pathos des Katholizismus' - etwa im Klang der Kircheglocken, den genannten Chorälen und in der Wahl der Metaphern.

"Ewigland" adaptiert Baudelaire und glänzt erneut durch klare, filigrane Saitenklänge. Wieder geht der Text etwas unter. Die Titelformulierung "Heilige Krieg" zitiert direkt Death in Junes eigenwillige Formulierung vom "Heilige Tod" herbei und kündet vom spirituellen Kriegergeist. Gerade dieses Stück affirmiert wiederum den Titel der Cd "Unsere Feuer brennen" und bestätigt die Vorturteile einiger Kritiker dieser Muskrichtung, die dahinter ein "neokonservatives Raunen" vermuten.

Ein weiterer Höhepunkt der CD ist dann "Hohezeit", das Antje Hoppenrath in berührender Klarheit vorträgt. Hier ist übrigens die Songmarke fälschlich vor dem Ende des Liedes gesetzt. Am Ende steht dann ein etwas eigenwillig elektonisches Ambientstück, das wiederum stark katholische-lithurgische Züge aufweist.

"Unsere Feuer brennen" ist eine für die gegenwärtige Welle von deutscher Neofolkmusik nicht untypisches Debüt, das unter den GenreanhängerInnen sicher seine Freunde findet, zweifellos starke Momente bietet, jedoch auch einige ausbaufähige Stellen hinterlässt. Wie schwierig der Umgang mit deutschen Vocals sein kann, beweist sich hier teilweise deutlicher als anderswo. Aber immerhin geht es ja nicht um Innovation und Revolution, sondern um die Feier der kleinen, anarchischen Revolte...

MaNic