TAUSENDSCHÖNCHEN SEDMIKRÁSKY Vera Chytilová ist eine der noch heute bekanntesten und bemerkenswertesten Vertreterinnen der Tschechischen Neuen Welle der 1960er Jahre. Im Kontexter jener Verjüngungswellen, die das Weltkino seit dem Zweiten Weltkrieg erfahren hatte, entstanden Filme, deren frappierende Modernität noch heute zu wirken vermag. DVD und Bluray sind Medien, die diesen oft lange nicht gezeigten Klassikern zu einem neuen Recht verhelfen können - und nach VALERIE und DER LEICHENVERBRENNER beehrt uns Bildstörung nun mit TAUSENDSCHÖNCHEN, einem unvergesslichen anarchischen Reigen. Wie Jean-Luc Godard ist auch die Regisseurin Vera Chytilová davon überzeugt: Revolution lässt sich nur mit schönen jungen Frauen machen. Diese Mädchen sind Marie 1 und Marie 2, die gelangweilt in einem Schwimmbad sitzen. Wenn sie ihre Arme und Beine bewegen, quietscht es, wenn sie ihre Gedanken entfesseln, erschüttern sie die Werte der Gesellschaft: Beide sind sich einig, dass die Welt verdorben ist, und man es ihr daher gleich tun müsse. Also beschließen sie von da an zu tun, was ihnen gefällt: Es wird geschlemmt, geliebt und nur noch für grobe Streiche gelebt - vor allem mit den Männern, die sie begehren. Am Ende ist nicht einmal der Film selbst vor ihnen sicher. TAUSENDSCHÖNCHEN (1966) ist eine wilde und surreale Phantasie des Ungehorsams. Mit optischen Effekten, bunten Arrangements und einem Potpourrie an traditioneller und experimenteller Musik (die der Special Edition als Bonus beiliegt) sehen wir die Welt durch neugierige Mädchenaugen.Das ist Anarchofeminismus, wie man ihn lange nicht gesehen hat, ein Befreiungsschlag aus bürgerlichen und ideologischen Normen, wie er seit jahrzehnten nachhallt. Das fürchteten auch die tschechischen Zensoren, denn sie indizierten den Film umgehend. Doch 2012 dürfen wir uns über einen zeitlosen Cocktail aus dem Jahr 1966 in erstklassiger technischer Aufbereitung und mit reizvollen Extras freuen. Wer transgressive und irrwitzige Filmkunst sucht, wird TAUSENDSCHÖNCHEN mit Freude sehen. :ms: |
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