VALERIE - EINE WOCHE VOLLER WUNDER Anbieter: Buildstörung Märchen stecken voller sexueller Subtexte und Mahnungen. Den großen Märchenforschern war das nie verborgen, auch wenn später meist nur bereinigte Varianten an Kinderohren gelangten. Es brauchte also nicht erst die Surrealisten, um auf den psychosexuellen Ballast der oralliterarischen Miniaturen zu verweisen. Mit den späten 1960er Jahren und der Utopie einer sexuellen Befreiung wurde auch die erotische Energie der Märchen neu entfesselt. Die Höhepunkte dieser Tendenz sind VALERIE - EINE WOCHE VOLLER WUNDER - zugleich ein möglicher Endpunkt der tschechischen New Wave (1970) - und später DIE ZEIT DER WÖLFE, ein früher Erfolg des New British Cinema (1983). Dank der enthusiastischen Arbeit des deutschen Labels Bildstörung liegt VALERIE nun endlich und erstmalig auf deutschen Heimmedien vor. VALERIE erzählt in teils spröde, teils überbordend stilisierten Tableaus vom Erwachsenwerden der jungen Valerie (Jaroslava Schallerová). Als ihr eines Nachts ein paar Ohrringe gestohlen werden, erwacht sie gerade noch rechtzeitig, um den Dieb davonlaufen zu sehen. Sie läuft ihm nach, doch auf ihrem nächtlichen Streifzug wirkt alles seltsam fremd. Als am nächsten Tag eine Truppe Schausteller in ihr Dorf kommt, um für ein Hochzeitsfest zu spielen, bekommt die bisher heile Welt Valeries langsam Risse. Eine furchterregende Fratze lächelt sie aus der Menge an und auch ihre Großmutter scheint irgendwie verändert, während Vampire, lüsterne Priester und Dämonen im Dorf plötzlich ihr Unwesen treiben. Wer die erotischen Märchen von Angela Carter kennt, die ZEIT DER WÖLFE als Vorlage dienten, wird wenig erstaunt sein, dass dieser Film ihr als Vorlage gedient habe. Jaromil Jireš surrealer Bilderbogen indes ist die Adaption von Vítezslav Nezvals gleichnamigem Roman von 1935 und mischt Motive von 'Alice im Wunderland' elegant mit populären Horrorelementen. Dabei überzeugt die Inszenierung mit zugleich kristallklaren wie auch sorgsam komponierten Bildern, Farben und Klängen, ergänzt durch die avancierte Filmmusik von Lubos Fiser und Jan Klusák, die der DVD dankenswerter Weise als CD beiliegt. VALERIE liegt nach einer eher ärmlichen Redemption-DVD aus England nun in voller Pracht vor: In gestochen scharfer 4:3-Abtastung und im Original mit deutschen Untertiteln. Ein informativer und zudem analytischer Kommentar (u.a. von Daniel Bird) überzeugen ebenso wie eine retrospektive Dokumentation und eine musikalische Hommage (mittels Videoclip). Und das umfangreiche Booklet mit filmhistorischen Texten zum Film und seinem Umfeld würde man sich ähnlich für alle Klassiker wünschen. Bildstörung leistet vorbildliche Arbeit in der Restaurierung, Präservierung und vor allem Neuwürdigung übersehener und vergessener Perlen der Filmgeschichte. Danke dafür! Marcus Stiglegger http://www.bildstoerung.tv/blog/?page_id=130 |
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