Orplid

Greifenherz

(Auerbach Tonträger 2008) CD 14 Tracks

Neben Forseti und Darkwood kann Orplid als die einflussreichste deutschsprachige Neofolkband gelten. Und im Gegensatz zu den Kollegen fällt die Formation um Uwe Nolte und Frank Machau vor allem durch gelegentliches klangliches Pathos und eine explizite Hinwendung zur Lyrik der deutschen Romantik auf. Über zwei Jahre nach dem eher neoklassischen geprägten Album „Sterbender Satyr“ liegt mit „Greifenherz“ nun ein radikal gearbeiteter und spannender Tonträger vor.

Das Cover ziert ein Falkenkopf mit Pyramiden im Hintergrund, und „Gesang an den Horusfalken“ ist auch eines der zentralen, extrem düsteren Stücke des Album. Die neomythische Ballade stammt aus der Feder des zeitgenössischen Dichters Rolf Schilling, den Uwe Nolte verehrt. Noch prägnanter werden Schillings Worte in der Hymne „Luzifer“ pathetisch intoniert, untermalt von treibend-martialischen Klängen, die man seit der frühen EP „Geheiligt sei der Toten Name“ selten von Orplid vernommen hat.

Politisch widmete man sich mit Frank Wedekinds „Der Anarchist“ einer tendenziell anarchischen Weltsicht, die aus der mythischen Ferne der Gezeiten dem alltäglichen Wandel beiwohnt. Manche nennen das 'gegenmodern'. Erfreulich aber ist, dass mit Musikern wie Orplid überhaupt die Erinnerung an weitgehend vergessene Schriftsteller wach gehalten wird. Und das in zeitgemäßer Interpretation.

Die Pagan-Metal-Bezüge der Band brechen sich in dem perkussiv-bombastischen „Traum von Blashyrkh“ Bahn, das den Schwarzmetallern Immortal gewidmet ist. Eher gewöhnungsbedürftig sind dabei die gesanglichen Einschübe von Sandra Fink, die ihren Stil zwischen Marlene Dietrich, Nico und Nina Hagen ausbreitet. Doch zugegeben: Ihre Arbeit folgt nachvollziehbaren Prinzipien.

„Greifenherz“ ist ein kraftvolles und monumentales Werk geworden, stilistisch weitgehend geschlossen und musikalisch vielseitiger, als man es vom deutschen Neofolk gewohnt ist.

:ms: (10.10.2008)