Herz aus Glas

4 / 5 Sterne

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D 1975.
Anbieter: Kinowelt.
R: Werner Herzog.
Bild: 1:1,66 (16:9).
Ton: Deutsch (DD1).
Bonus: Audiokommenatr, Drehbuchauszüge, Fotos, Biographie, Trailer, Doku GASHERBURN - DER LEUCHTENDE BERG und WERNER HERZOG EATS HIS SHOE

HERZ AUS GLAS erzählt die apokalyptische Geschichte einer abglegenen Inselbevölkerung, der das Geheimnis ihres Rubinglases abhanden kommt. Der Schafhirte (Josef Bierbichler) erweist sich als einziger Seher unter tranceartig agierenden Blinden. Am Ende macht sich eine Schicksalsgemeinschaft auf, die Welt jenseits der Insel zu ergründen.

HERZ AUS GLAS - eine Metapher, die auf den Protagonisten angewandt wird - gilt als Herzogs misslungendste Vision. Um die Isoliertheit der Menschen hier darzustellen, hypnotisierte sie der Regisseur und ließ sie wie Schlafwandler agieren. Nur der Hauptdarsteller sollte bewusst bleiben. Die französische Filmkritik dagegen sah in diesem Entwurf einen Metapher auf das vorfaschistische Deutschland, dass wie in Trance auf den Abgrund zulief. Dennoch: HERZ AUS GLAS ist die vermutlich bildgewaltigste Etüde Herzogs - ein Film wie die Gemälde von Caspar David Friedrich und Arnold Böcklin. Als lebten die Menschen hier auf Böcklins berühmter "Toteninsel". Die eindrucksvollen, düster-zerklüfteten Landschaften wurden aus den USA, Bayern, Norwegen usw. zusammenmontiert, um ein möglichst überwältigendes Bild zu bieten. Die einprägsamsten Arrangements wurden dann vor der Doppelbrücke über der Via-Mala-Schlucht gedreht.

Wer die vorangehenden Werke Herzogs, vor allem KASPAR HAUSER und AGUIRRE, schätzt, wird um diesen merkwürdigen, wenn auch sehr persönlichen Film kaum herumkommen. HERZ AUS GLAS belohnt mit Bildern, die man in dieser visionären Dichte allenfalls aus dem osteuropäischen Kino kennt: von Tarkowski und Klimow vielleicht - das Cover gilt einen ersten Eindruck davon... Und Popol Vuhs ätherische Klänge heben diese Eindrücke endgültig in eine entrückte Sphäre.

Im Bonusmaterial findet sich Les Blanks Kurzdoku WERNER HERZOG EATS HIS SHOE, der seinem bizarren Titel gerecht wird: der Filmemacher kocht und isst seine Lederschuhe ("Cooking is the only alternative to film-making. Maybe there is another: walking by foot")... Typisch für Herzog ist die Bergsteiger-Doku GASHERBURN (1984) über Reinhold Messner, mit dem er lange SCHREI AUS STEIN drehen wollte.

Marcus Stiglegger