Darkwood

Weltenwende

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(HV/Tesco 2005) CD 13 Tracks

Nach dem Zweiten Weltkrieg, den Ernst Jünger nicht mehr - wie zuvor in seiner martialischen Vergangenheit - als 'inneres Erlebnis' in 'Stahlgewittern' verklärte, erdachte der von den politischen Entwicklungen der vorangegangenen Jahre zutiefst enttäuschte Schriftsteller den 'Waldgang': Inspiriert von Nietzsche - aber auch Montaignes Idee der 'Ataraxia', der völligen Enthaltsamkeit des Urteils - sprach er sich aus für den Rückzug in den 'Wald'. Damit war weniger mit Heidegger eine tatsächliche Regression und Verbäuerlichung gemeint, sondern vielmehr ein metaphorischer Entzug. Der Anarch beobachte, begreife - aber greife nicht ein.

Die CD-Wiederauflage einer ursprünglich auf Eis & Licht veröffentlichten Mini-LP, 'Weltenwende' von Darkwood, knüpft mit verhalten-folkloristischen Klängen an diese Idee an, blickt jedoch weiter. Hier kennt der 'Waldgang' eine Utopie, eine Idee der Veränderung, die die Welt erfassen könnte.

Diese CD versammelt zumeist bekannte Stücke in neuen, komplexeren Versionen zu einem vollwertigen Konzeptalbum. In allen Liedern geht es um einen pessimistischen Blick auf die gegenwärtige Welt, um Hoffnung auf Veränderung, aber auch um Trotz und Widerstand gegen fatale Mechanismen eines entspiritualisierten Daseins. Henryk Vogel, dessen letzte Produktion 'Lapis' noch erheblich sperriger war, hat mit diesem Album sein bislang zugänglichstes und melodiösestes Werk geschaffen, das mit den minimalistischen Mitteln der akustischen Folklore (Flöte, Gitarre, Akkordeon) und poetischen deutschen und englischen Texten überzeugt.

Während Track 1 fast mittelalterliche Harmonien nutzt, finden wir in "Des Falken Flug" gleich eine ohrwurmartige Ballade, die in ihrer martialischen Metaphorik allerdings nicht jeden begeistern wird. Einige Stücke beschwören ein patheistisches Naturerleben ("Im Heimatwald", "Tochter des Waldes", "Deutsche Sonnwend"), andere den Niedergang eines 'alten Europa' mit ungewisser Zukunft ("Torn Nation"). Mehr als die vorangegangene 'Europa'-Trilogie, die auf 'The Final Hour' zusammengefasst wurde, ist 'Weltenwende' der 'Wandervogel-Poesie' des frühen 20. Jahrhunderts verpflichtet. Das mag reaktionär erscheinen, birgt jedoch zugleich eine enorme, fast trotzige Energie, die einem banalen Materialismus entgegengesetzt wird.

Für Fans zeitgenössischer Folkmusik ist diese CD zweifellos ein faszinierendes Erlebnis, einigen wird ihr querdenkerischer Gestus zu deutlich sein, doch in jedem Fall muss man Henryk Vogel eine reife und vielschichtige musikalische Leistung anerkennen.

MaNic