Neither/Neither World

Invisible Angel

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(Shayo 2006) CD 8 Tracks

Wendy van Dusen, Sängerin der San Francisco-Band Neither/Neither World, trat in den den frühen 1990er Jahren an, um als weiblicher Boyd Rice in Interviews Furore zu machen: Ihre menschenverachtenden Aussagen standen von Beginn an in Kontrast zu ihrer mädchenhaften, fragilen Stimme. Erst in den den letzten Jahren ist es ruhig um die Musikerin geworden. Eine gelungene Best-Of-Zusammenstellung auf de Schweizer Shayo-Label zeigte, dass es sich bei ihr im Grunde um eine begnadete Liedermacherin handelte, die die engen Grenzen des Neofolk schon früh verlassen hatte, um melancholischen Gitarrenpop zu pflegen. Ihr zarter Songwriterinnenstil erinnerte so an David Lynchs use Julee Cruise, an die ruhigen Stücke von Lydia Lunch oder Rose McDowalls Projekt Spell (mit Boyd Rice, oups).

Die nun vorliegende CD bringt NNWs Stil auf den Punkt: eine eingängige und fast verträume Melange aus Gitarrenpop und Neofolk wird hier geboten. Perfekt entfalten sich Stimme und Musik in den Stücken 2 und 3, die mit "Ghost Whipser" und "Shadow of the Wings" bereits im Titel die Ambivalenzen des Projekts ausloten: Das Cover zieren rote und schwarze Farbkleckse, und wenn man genau insieht, schält sich vorne eine Fledermaus aus dem unförmigen Rot. Über allem scheint eine schwarze Sonne zu thronen. Zwischen Rohrschach-Test, kindlicher Schmierei und okkultem Klakül ist das angelegt. Rockigere Lieder wie "Buried and Gone" enthalten dann auch stimmlich mehr Gift, während "Postcards" schließlich wieder zum schicksalshaft folkigen Stil zurückkehrt. Sehr schön, wenn auch irgendwie bekannt von früheren Veröffentlichungen.

Nach einer längeren Pause am Ende von "I fall away" folgt noch ein minimalistischer, eher düsterer Hidden-Track. Von daher changiert diese CD zwischen EP und Album. In jedem Fall ist "Invisible Angel" hochinteressant und bewährt für Fans von Wendys Liedermacherkunst selbst jene, denen "She whispers" (Hau Ruck) zu rockig war, wird aber auch sonst durch doppelbödige Eingängigkeit übezeugen. Einsteiger sollten vielleicht zunächst zur Best-Of "Re-wound" auf dem selben Label greifen.

MaNic