MERCENARIO - DER GEFÜRCHTETE Original-Titel: Il Mercenario Es gehört zu den sorgsam bewahrten Mythen der Poptheorie, dass der Italowestern eigentlich ein politisches Genre ware - eine der letzten Bastionen wahren linken Revolutionsgeistes. Bei hans Christoph Blumenberg und Karsten Witte tauchen diese Thesen ebenso auf wie in Harald Steinwenders aktuellem Buch über Sergio Leone. Für den Großteil der hunderte von Genreproduktionen aus Italien mag das ein Wunschtraum sein - auf einige Beispiele trifft die Thesen zweifellos zu. Neben Leones TODESMELODIE ist es zweifellos MERCENARIO DER GEFÜRCHTETE, der mit allen verfügbaren Mitteln die mexikanische Revolution als Spiel seiner Entstehungszeit beschwört: Mexiko 1910: In den Zeiten der Revolution lässt sich als Waffenhändler gutes Geld verdienen. Einer der erfolgreichsten im Geschäft ist Söldner Kowalski, genannt "Der Pole", der gegen gute Bezahlung für alles ber (Franco Nero)eit ist. Er wird von Minenarbeiter Paco (Tony Musante) angeheuert, um ein kleines, unterdrücktes Dorf bei der Rebellion gegen einen Grubenbesitzer zu unterstützen. Doch der Großgrundbesitzer hat auch einen "Berater"(Jack Palance) - einen ehemaligen Spieler, der Paco und den Polen aus persönlichen Gründen und wegen der ausgesetzten Belohung fangen will. Sergio Corbucci hatte sich mit zwei eher nihilistischen und grundpessimistischen Western einen Namen erarbeitet: DJANGO und LEICHER PFLASTERN SEINEN WEG. Der Schlamm- und der Schneewestern fielen durch blutigen Zynismus auf, ließen die Protagonisten gleich scharemweise ins Jenseits wandern - und verlangten nach einem sonnverbrannten Gegenstück. MERCENARIO folgte als aufwändiger Revolutionswestern mit ironischer Attitüde. das kannte man von Corbucci grimmigen Vorgängern kaum. Doch ursprünglich wollte Gillo Pontecorvo diesen Film drehen, entschied sich jedoch für den ungewöhnlicheren kolumbianischen Western QUEIMADA mit Marlon Brando. Corbucci bemühte sich um MERCENARIO, und es gelang ihm, statt Eli Wallach Tony Musante anzuheuern, während Franco Nero im hellen Staubmantel das Django-Klischee erfüllte. Dennoch ist MERCENARIO erfrischend anders - ein locker inszenierter, dramaturgisch verspielter Film mit Seitenhieben auf Tendenzen der Emanzipation und des Klassenkampfes. Als schwulen Dandy stellt er Jack Palance den ungleichen Protagonisten entegegen, und das finale Duell in der Manege hat einiges von Leone geerbt. Auch die gut gelaunten Melodien von Ennio Morricones Musik setzen ein Zeichen, dass Corbucci hier beim ironischen Augenzwinkern gelandet ist. Was einst inhuman und grausam erschien, wirkt hier bizarr und amüsant. Die hervorragend gemasterte DVD von MERCENARIO im Pappschuber bietet neben einer informativen und langen Doku (42 Minuten) noch ein kundig verfasstes Booklet von Peckinpah-Chronist Mike Siegel. So reiht sich die DVD als Wunschtraum des Genresammlers gelungen ein neben andere verdienstvolle Veröffentlichungen aus dem Hause Koch. Selbst wer kein Sammler von Italowestern ist, sollte sich doch um die Dollar-Trilogie von Leone und die - nunja - Franco-Nero-Trilogie von Corbucci bemühen. Marcus Stiglegger |
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