KRANK + The Grimsel Path

Verdant Hum

Audiokassette, 7 Tracks + Downloadcode
The Epicurean cure.6

Auch wenn es sich um eine aktuelle Veröffentlichung handelt, so hat „Verdant Hum“ große nostalgische Qualität. Eine Audiokassette wie in guten alten Tape-Trading-Tagen, ein Collagencover von Kristian Olsson wie zu guten alten Survival Unit Zeiten und Musiker, die durch die Bank zu den alten Hasen zu zählen sind. Soviel „Oldschool“ ist häufig billiges Marketinggerede, in diesem Fall allerdings durchaus ein Signal für einen gewissen Standard.

Hinter beiden Projekten steht auf der einen Seite Jon Murphy, der eigentlich immer eine gewisse Qualität garantiert. Bei dieser Krank Variation gesellt sich noch Till Brüggemann von Gerechtigkeitsliga dazu. The Grimsel Path sind dann die beiden Johns von Last Dominion Lost, Evans und eben Murphy. Alle drei stehen für eigenwillige, klassische und nie abgeschmackte Geräuschmalereien. Man könnte beinahe aufhören weiter darüber zu schreiben, denn im Grunde ist damitauch genau beschrieben, was auf dieser wirklich schönen Veröffentlichung geboten wird, aber doch lieber ein wenig mehr Details hinzugefügt.

Zu Krank lässt sich sagen, dass es eines dieser Projekte ist, die alles andere als inflationär mit Veröffentlichungen umgehen. Der genaue Name des Projekts variiert dabei immer wieder. Die erste Veröffentlichung lässt sich auf 1981 datieren, was sie älter macht als so manchen potentiellen Käufer.

Krank standen bisher nie per se für einen ganz speziellen Stil, im Vergleich zu Murphys üblichem Oevre sind sie allerdings abstrakter, weniger klassisch musikalisch als zum Beispiel Knifeladder, die sich ja schon fast Rockstrukturen bedienen. Der hier zu hörende etwa 20 minütige Track ist eher zahm was den Krawallfaktor angeht, Melodie- und Rythmusfetzen, die sich langsam aufbauen, wieder abebben und dann neue Strukturen einleiten. Sehr schön arrangiert, in seinen perkussiven Einstreuungen und Lautmalereien wirkt es angenehm improvisiert und fast „live“. Insgesamt, wie oft bei Murphy (und auch Brüggemann), eher warm und rituell als pfeifend und hysterisch. Kann man problemlos auch mehrmals hören, die Collage ist vielschichtig genug um sich nicht zu schnell abzunutzen.

Für Grimsel Path ist dies die erste Veröffentlichung, wobei die oben genannten Last Dominion Lost schon für einige Wellen gesorgt haben. Ob Grimsel Path jetzt nach einer Straße im Süden von London oder dem Grimselpass in der Schweiz benannt sind ist für die Rezeption unerheblich, wobei zum Grimselpass auch der Totensee gehört, was ja schon wieder passen würde.
Im Vergleich zu Krank und auch zu Last Dominion Lost wird hier deutlich mehr gelärmt, nicht Merzbow-Lärm, aber doch eher schroffe Geräuschmalereien, unruhig und kantig. Dass es sich hier um eine Liveaufnahme aus Berlin handelt, wirkt sich positiv auf den Fluss der Soundscapes und auch die Atmosphäre aus. Trotz eher schriller Tonkulisse bettet sich das alles in eine homogene Struktur und wirkt wie aus einem Guss. Während bei Krank das rituelle und dunkle dominiert, ist dieser Teil des Tapes abgehackt und nervös, kraftvolle schlechte Laune, allerdings von der Sorte wie sie nur gesetzten Charakteren gelingt. Weit weg von selbstherrlicher Gewaltakustik.

Verdant kann im englischen bedeuten, dass etwas reich an Vegetation und Leben ist. Diese Interpretation auf diesen Tonträger anzuwenden klappt ganz vorzüglich, denn in der Tat zeichnet sich die Musik bei beiden Projekten durch vielseitige, erwachsene Strukturen aus, ein dichtes Geflecht, das man so wohl nur erzeugen kann wenn man ein gestandener Künstler seines Faches ist.

Erneut eine bemerkenswerte Veröffentlichung dieses Berliner Labels, das bisher für sehr hohe Qualität steht.

Daniel Novak