Italien Special:
Neue Undergroundmusik vom Mittelmeer
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Spiritual Front
Nihilist E.P.
(HRSPQR 2005) 10" 5 Songs
Diese in nüchternem Schwarzrot aufgemachte 10" präsentiert einige von den ersten beiden CDs bekannte und einen neuen Songs des italienischen Liedermacherprojekts in Zusammenarbeit mit dem englischen 'Teufelsgeiger' Mat Howden, der diesen akustischen Arrangements seinen unverwechselbaren Stil verleiht.
Die Lieder wurden nur mit Gitarre, Piano und Violine eingespielt und nähern sich so it der sonoren, maskulinen Gesangsstimme mehr und mehr den neueren Werken von Nick Cave. Wurde Spiritual Fornt zunächst als weitere Neofolkband wahrgenommen, ist spätestens seit den Liveauftritten der letzten Jahre klar, dass die Ambitionen hier eher Richtung Melancholic-Rock gehen: "Suicidepop" nennt das die Band.
In gewisser Weise ist diese schöne, eingängige 10" die Essenz des bisherigen Schaffens. Wer bislang zögerte, kann hier problemlos zugreifen... cd
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Ain Soph
Prima dell'aurora
(HRSPQR 2005) 12" 10 Songs
Mit ihrer CD "Aurora" begründeten die traditionalistischen italienischen Ritualmusiker Ain Soph 1992 eine Strömung genuin mediterraner Folkmusik voller 'animo' und Überschwang, die nachhaltigen Einfluss auf Band wie Novy Svet und Inner Glory ausübte. Nachdem diese CD seit Jahren nicht erhältlich ist, liegen nun auf dieser schönen Picture-12" die meisten Lieder in leicht veränderten Versionen (der Presseinformation nach sind es Demoversionen) erneut vor.
Thema ist meist der 2. Weltkrieg mit seinen vielseitigen Auswirkungen auf die Gegenwart. CD wie auch diese LP verbreiten eine wehmütige Stimmung, durchsetzt von schrägen Akkorden und hymnischen Einschüben (Anspieltip: "White Guard").
Für Fans der Band ist dieses ästhetische Schmuckstück ohnehin ein Muss, einigen wird diese Folkspielart etwas zu schräg sein, doch als einst einflussreiches musikalisches Dokument wird man sie kaum ignorieren können. MaNic
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Calle Della Morte
Gente di Malaffare
(HRSPQR 2005)CD 10 Songs
U.a. Musiker der italienischen Folk- und Psychedelic-Rockband Inner Glory (s.u.) haben sich zu diesem neuen Projekt zusammengeschlossen, um mit vereinten Kräfte ihrer ureigenen Version norditalienischer Neofolklore zu frönen. Herausgekommen ist dabei ein Wechselbad vitaler und trauriger Lieder in der Landessprache, die mehr als die genannten Bands selbst die Gemüter spalten wird.
Es beginnt mit einem längeren Filmsample, das mit dem Titel "Senso" vermutlich auf Luchino Viscontis Historiendrama SEHNSUCHT bezogen ist. Danach steigen Calle Della Morte beschwingt ein und beweisen trinkseelige Laune, bei der auch mal ein Akkord daneben gehen kann. Auch eine "Kammtrompete" kommt zum Einsatz, bis man auf Track 7 zum hymnischen-folkigen Höhepunkt kommt. Ganz am Ende, nach längerer Stille wird man noch mit einem Bonustrack überrascht.
Diese CD macht vor allem nach mehrmaligem Hören durchaus Spaß, ist aber nur für 'Spezialisten' dieser mdeiterranen Folkspielart durchweg zu empfehlen. Andere werden sie vermutlich etwas aufdringlich erleben... cd
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Inner Glory
Remains of a Dream
(Hau Ruck! / Tesco 2004) CD 13 Tracks
Die italienischen Szenebands sind schon eine Kategorie für sich: Kaum bekam Italien Current 93, revanchierte es sich mit Ain Soph, bekam es Sol Invictus, konterte es mit Ordo Equitum Solis. Und später kamen dann Spiritual Front, Camerata Mediolanense usw. All diese Band weisen natürlich Ähnlichkeiten mit dem eher kühlen, nichtmediterranen Neofolk auf, und doch glänzen sie durch unverwechselbaren 'animo', jenen schamlosen Pathos, der schon die italienische Oper auszeichnete. Selbst wenn der Gesang immer schräger wird, er lässt sich bis zum Ende nochmal steigern...
Inner Glory hatten mit ihrer Demo-CD technisch nicht durchweg geglänzt, und so muss man feststellen, dass sich auf dieser neuen CD beim Sound und Arrangement doch einiges getan hat: "Remains of a Dream" bietet ein gutes Dutzend kraftvoller, maskuliner Balladen, mal zu Streichern, Gitarre und/oder Piano geschmettert. Die nihilistischen Themen, die immer einen Blick ins Metaphysische wagen, erinnern in dieser Darbietung an eine Mischung aus Nick Cave, Tom Waits und natürlich Ain Sophs "Aurora"-CD, die rückblickend eine ganze Sub-Subkultur geprägt hat... Dabei erweisen sich die einfachen Melodien durchaus in ihrem Rahmen als hittauglich und die CD gewinnt deutlich mit wiederholtem Hören. Als absoluter Hit könnte sich "Domination" erweisen...
Ein kleines Problem wurde noch von der Demo-CD herübergerettet: "War is forever" wartet mit einem auf den ersten Blick etwas missverständlichen Text auf: "War is forever / Between good and evil [...] victory is for white [...] This war was right" etc. klingen aus dem Kontext gerissen wie eine ungeschickte Rechtfertigungsrede zum neuen kapitalistischen Fundamentalismus. Die Band legt allerdings großen Wert darauf, dass dieser Text sich auf Primo Levis Auschwitz-Buch "Ist das ein Mensch?" bezieht. Levis selbst hat als Auschwitz-Überlebender philosophische Überlegungen über die Hintergründe des Genozids niedergelegt und damit eines der wichtigsten Bücher zum Thema verfasst. Leider wurde dieser Kontext im Booklet der CD nicht ausreichend konkretisiert, man findet die Erklärung jedoch auf der umfassenden Homepage der Band: www.innerglory.net.
Insgesamt wird diese CD im und um den Neofolk-Kontext sicher zahlreiche Freunde finden. Die Schwarze-orangene Covergestaltung, der Pappschuber und das passende Booklet können zudem ästhetisch überzeugen... MaNic
