Bukowski - Ganz normal verrückt

4/5 Sterne

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Originaltitel: Storie di ordinaria follia
Label: Arthaus
Genre: Drama/Biografie
Produktionsjahr: 1981
Produktionsland: Italien/Frankreich
FSK: ab 16 Jahren
Lauflänge: ca. 98 Minuten
Regie: Marco Ferreri
Drehbuch: Sergio Amidei, Marco Ferreri
Kamera: Franco Delli Colli
Produktion: Jacqueline Ferreri
Technische Angaben
DVD Bild: 1,66:1 (anamorph)
DVD Sprachen/Ton: Deutsch, Englisch (Mono Dolby Digital)
DVD Untertitel: Deutsch
DVD Extras: Biografie Marco Ferreri, Starinfos, Trailer


Es gibt einige Versuche, sich dem 'obszönen Werk' des amerikanisch-deutschen Schriftstellers Charles Bukowski filmisch zu nähern. Bekannt wurde vor allem BARFLY von Barbet Schroder, in dem Mickey Rourke den Autor porträtiert - ein Film, der den Kern des Werkes jedoch zaghaft umrundet. Auch der italienische Skandalregiseur Marco Ferreri nahm sich eines autobiografischen Werkes an („Tales of Ordinary Madness“), das den unermesslichen Pessimismus und den selbstzerstörerischen Hedonimus des Schriftstellers dokumentiert. Er erscheint hier als sein Alter Ego Charles Serking:

Weil er die Sinnlosigkeit seines Daseins kaum noch ertragen kann, gibt der ohnehin nur mäßig erfolgreiche Schriftsteller Charles Serking (Ben Gazzara) seine Arbeit auf und zieht sich in die zwielichtige Welt der Gauner, Nutten, Strichjungen und Trinker zurück. Auf der Suche nach Liebe streift er durch die Kneipen und Studenhotels von Los Angeles, wo er schließlich auf die schöne Hure Cass (Ornella Muti) trifft. Eine schicksalhafte Begegnung. Unter dem Einfluss der inspirierenden Prostituierten beginnt Charles wieder zu schreiben. Doch ihr beiderseitiger Hang zur Selbstzerstörung lässt der Beziehung keine Hoffnung.

Ferreri inszenierte das provokante Drama über die Unterseite der amerikanischen Gesellschaft durchaus im Sinne Bukowskis: Er erzählt episodisch von Delirium, Begierden und Visionen, betont auch den leicht pädophilen Hang des Mannes in der Begegnung mit einer jungen Ausreißerin zu Beginn und vor allem mit einem Mädchen am Strand (Katya Berger aus NANA) am Ende. Der Film erscheint daher weniger verschämt als BARFLY und erhält durch Ornella Muti noch eine außerordentlich sinnliche Präsenz, die von den autoaggressiven Attacken ihrer Figur Cass unterminiert wird (so näht sie ihre Vagina am Ende zu).

Für Ferreri (DAS GROSSE FRESSEN) ist dieser Film typisch, und mit der sinkenden Popularität von Bukowski wird GANZ NORMAL VERRÜCKT vermutlich - so ist zu befürchten - kein großes Publikum erreichen. Wer sich jedoch für jenen spezifischen transgressiven Stil der 1970er Jahre interessiert, zu dem der Film einen Nachtrag bildet, sollte nicht auf diese DVD verzichten. Die Filmqualität ist dem Alter entsprechend gut, leider liegt aber kein Bonusmaterial vor. Für Spezialisten zweifellos ein Grund zur Freude...

Marcus Stiglegger