Fire + Ice

Midwinter Fires

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(Tesco) CD, 12 Tracks

In der Quadriga der früheren Apocalytpic-Folk-Szene ist Fire + Ice die wohl unauffälligste Formation. Das liegt zu einem sicher an dem Auftreten der Formation um Ian Read, denn militaristische Effekte oder das Spiel mit Symbolen totalitärer Staatsformen tauchen bei Fire + Ice nicht auf, genauso wenig wie der im Apocalyptic Folk typische Spenglerianismus. Dies machte sie für viele Hörer uninteressant, waren sie doch nicht so spektakulär und kontrovers wie Death In June, Sol Invictus oder Current 93. Jedoch verdankt die Szene die stärkere Beschäftigung mit Runen Fire + Ice, denn im Gegensatz zu Formationen, welche die alten Schriftzeichen als reines Schmuckwerk benutzten, versteht der Asatrú-Magier und Vorsitzende der Illuminaten von Thanateros Ian Read sein Fachgebiet und ist daher nicht auf Schaueffekte aus Er sucht einen tieferen Zugang zu den Runen. Auch das war sicherlich hinderlich, um im Erfolg auf Augenhöhe mit Death in June zu kommen, denn eine solche tiefgehende Beschäftigung ist nicht jedem zugänglich.

Nun gibt es eine Wiederveröffentlichung des 1995´er Werkes „Midwinter Fires“, auf welchem Fire + Ice zwar nicht ganz so intensiv wie noch auf dem Debüt „Gilded By the Sun“ klingen, aber konsequent den dezenten Weg des Zweitlings „Hollow Ways“ fortsetzt. Orientiert an dem Folk von Sol Invictus (die Read mit begründete und für welche er kurze Zeit als Sänger tätig war) ist das Album als typisch zu bezeichnen, wächst jedoch durch die geschickten Arrangements und die vielen Traditionals immer noch über das Gros der heutigen Veröffentlichungen hinaus. Besonders das auch schon durch Dead Can Dance bekannte gewordene IRA-Widerstandslied „The Wind That Shakes The Barley“ hat hier einen zentralen Platz und dürfte viele Apocalyptic-Folk-Hörer mit diesem Stück bekannt gemacht haben. Auch „High Gallows Tree“ ist eine wunderschöne Interpretation einer alten, schwarz-bösen Volksweise über einen Verbrecher, der gehängt werden soll und auf Erlösung durch Kautionszahlungen seiner Verwandten hofft, die jedoch allesamt nur gekommen sind, um den ungeliebten Lump hängen zu sehen.

Dieser Bezug zu volkstümlichen Mythen und Musikgut ist stärker in Fire + Ice verankert als in den restlichen Formationen der ersten Apocalytpic-Folk-Bewegung und daher verdienen Ian Reads-Frühwerke dieselbe Beachtung wie die immer wieder zitierten Großen des Genre. Wer dies bislang versäumt hat, kann nun mit „Midwinter Fires“ zumindest eine Lücke schließen, sollte aber auch nach den ersten beiden Alben Ausschau halten.

Martin Kreischer