Fire + Ice

Runa

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(Fremd/Tesco 1996/2005) 9 Tracks

Ian Read, Gründer und Kopf der okkulten Folkband Fire +Ice, kann als einer der ernsthaftesten Vertreter einer religiös/weltanschaulich orientierten Liedermacherkunst betrachtet werden. Zunächst prägte seine etwas pastorale Stimme die frühen Alben von Sol Invictus, zu Beginn der 1990er Jahre jedoch gründete er seine eigene Band Fire + Ice. Spätestens mit der zweiten CD "Hollow Ways" hatte er seinen eigenen Stil gefunden: Filigrane, melodiöse Folksongs mit melancholischem Duktus, minimalistisch und unberührt durch gängige Poptendenzen.

Ian Read ist zugleich Mitglied der Runengilde, die Edred Thorsson ("Handbuch der Runen-Magie") leitet. In dieser heidnischen Gemeinschaft werden mit wissenschaftlichem Anspruch nordische Traditionen studiert und gelehrt. Um in den höchsten Grad aufzusteigen, muss jeder Adept ein Meisterstück abliefern, das sein Arbeit dokumentiert und pointiert. Ian Reads Meisterstück ist die nun wieder vorliegende CD aus dem Jahre 1996: "Runa" enthält 9 Stücke, die Reads Auseinandersetzung mit den Tiefen der nordischen Mythologie und der Welt der Runenmagie vermiteln.

Zentrale Bedeutung kommt dabei seiner poetischen Formulierung der drei Aettire zu: In diesem Track 4 beschreibt er zu Gitarre und Flöte die Bedeutung der einzelnen Runenzeichen. Track 6 "...of Midgard" dagegen fabuliert die magische Reise des Suchenden ("seeker divine"). Diese Suche ist niemals abgeschlossen, sondern muss als offenes Systm von Lehre und Erkenntnis betrachtet werden.

Insofern ist gerade "Runa" in der Tradition des Essays ("Versuch") zu sehen: Man kann dieses Album problemlos als schöne - aber rätselhafte - Folkplatte sehen, es ist jedoch fruchtbarer, sich über die thematischen Hintergründe zu informieren und das Werk als Zugang und Inspiration für die eigene 'spirituelle Suche' zu nutzen. So ist diese CD mit umfassendem Textbuch und filigran-schöner Akustikmusik auf unterschiedliche Weise genießbar. Für Read ist 'Runa' selbstredend das wichtigste Werk seiner Liedermacherlaufbahn, und auch wenn sie nicht durchweg an die Klassikerqualität von "Hollow Ways" und "Birdking" heranreicht, vereinigt sie die komplexe Weltsicht von Fire + Ice doch auf faszinierende Weise. Wer "Runa" vor fast zehn Jahren verpasst hat, sollte nun zugreifen.

cd