Dogpop

Popgod 2003

(Zaetroum / UMB / Tesco 2004) LP Edition of 700 copies

BESTELLEN

Während die Industrialprojekte Anenzephalia und Thorofon längst ihren eigenen Stil und ein genuines Publikum hervorgebracht haben, ergab sich über die Jahre der losen Kooperation offenbar der Bedarf nach einem zusätzlichen kreativen Ventil. Dogpop - eine ähnliche Genrekreation wie einst "Angstpop" - kann also nicht einfach als neue Musikformation durchgehen, sondern bezeugt zugleich einen eigenen Zugang zur Musik.

Die auf der vorliegenden LP "Popgod 2003" versammelten Tracks wandeln auf jenem schmalen und riskanten Pfad zwischen Oldschool-Industrial, (Anti)Pop, Minimalelektro der 80er und ambienten Klanggebilden, durchsetzt mit Cut-Ups, Hochfrequenzen und zerrissenen Rhythmen. Beim ersten Hören etwas befremdlich und in der (Dis)Struktur schwer fassbar, erschließt sich dieser Tonträger mit wiederholtem Genuss. An die experimentellen Spitzen der Neuen Deutschen Welle der frühen 80er Jahre erinnern die dadaistischen Texte ("mit drin (hundertmarkschein)"), vor allem das kühle deutschsprachige "augen", das sich problemlos zum Tanzflächenfüller entwickeln könnte. Seite 1 enthält noch zwei Bonustracks, die nicht auf dem Cover verzeichnet sind. Auf Seite 2 stechen die äußerst ryhthmischen Stücke "abendgrau" und "junkies melodie" hervor, die eine eigene Definition von Pop vorschlagen und mühelos eine Dekade Elektrotüftelei mit herunterspülen. Haus Arafna betraten mit ihren letzten Veröffentlichungen ähnliche Pfade, blieben jedoch bei englischen Texten und pulsierenden Rhythmen. Dogpop dagegen ist im Chaos konsequent - progressive retro...

"A critcisim of the ultimate consumtion and perfection, mixed with cutup technology this record won´t help to enjoy your daily world and living. Its just 71 % perfect but enough!" So will es die Labelinformation. "71 % perfekt" - so steht es auch auf dem Cover. Makelhaftigkeit und (Dis)Perfektion als Programm - warum nicht? Diese LP ist näher an einer Albtaumvision gegenwärtiger Popkultur als die letzten SPK-Platten vor fast 20 Jahren, die eher Graeme Revells Unlust angesichts einer kreativen Sackgasse bezeugten. Dogpop entspringt - im Gegenteil - einem unbändigen elektroakustischen Fabulierungsdrang, der Notwendigkeit, einer in Konsumrausch und Apathie gefangenen Gesellschaft immer neu den schwarzen Spiegel vorzuhalten. Und so ist wohl auch das Cover zu verstehen, indem menschliche und cervide Bewegungsstudien gegeneinandersteuern...

Marcus Stiglegger