The Brøken Anbieter: Koch Medien Manchmal werden die Befürchtungen wahr, dass sich das eigentliche Kino nur noch auf dem heimischen Bildschirm abspielt. Während die deutsche Kinolandschaft geprägt ist von der 'Tradition der Qualität' (Godard) und infantilen Comic-Simulakren, ist das Außergewöhnliche an den Rand gedrängt, wenn nicht gleich auf die Heimmedien verbannt. Sean Ellis' zweites Werk nach der romantischen Komödie CASHBACK (2007) ist ein solcher Fall: THE BROKEN ist ein visionärer Psycho-Horrortrip mit atemberaubender Optik, einnehmender Klangkulisse und einer aufregenden Hauptdarstellerin (Lena Headey, bekannt aus 300). Wie im Psychothriller üblich, beginnt alles ganz alltäglich: Mit einer Familienfeier. Als auf der überraschenden Geburtstagsfeier ihres Vaters ein Spiegel von der Wand fällt und am Boden zerbricht, scherzt Gina unbefangen über sieben Jahre Unglück, die ihnen nun bevorstehen. Trotz großem Gelächter hängt die Erwähnung des Aberglaubens den restlichen Abend wie eine Warnung in der Luft. Am nächsten Tag auf dem Rückweg von der Arbeit glaubt Gina sich selbst - oder ist es eine Doppelgängerin? - an sich vorbeifahren zu sehen. Sie folgt der Frau in ihre Wohnung und entdeckt ein unbekanntes Bild von sich selbst und ihrem Vater. Zutiefst verstört verursacht die junge Radiologin auf dem Rückweg einen Unfall, den sie wie durch ein Wunder überlebt. Während sie versucht, sich von dem brutalen Crash zu erholen, scheint etwas Bedrohliches von ihrem Umfeld Besitz zu ergreifen - selbst ihr eigener Freund verursacht Gina plötzlich Gänsehaut. Alle nahestenden Personen erscheinen nach und nach wie ausgetauscht und zu gefühlskalten Zombies degeneriert zu sein. THE BROKEN ist zu allererst ein Rätsel. Am ehesten könnte man den Film als groß angelegte Metapher großstädtischer Entfremdung beschreiben, die horrbile Züge annimmt - das verbindet ihn mit dem Horrorklassiker JACOB'S LADDER (1992) von Adrian Lyne. In vielen Szenen werden aber auch Bezüge zu den Paranoia-Thrillern von David Lynch (MULHOLLAND DRIVE) und Roman Polanski (DER MIETER) deutlich. Und THE BROKEN hält sich nicht schlecht in diesem Kontext. Es ist die Kompromisslosigkeit, mit der sich Ellis mit Andeutungen begnügt, die Erklärung bis zuletzt verweigert. Dabei gibt es Anknüpfungspunkte zu Don Siegels INVASION OF THE BODY SNATCHERS (1956), zu dessen Remakes von Kaufman, Ferrara und Hirschbiegel, doch keine Gewissheit. Zugleich steht THE BROKEN neben Alexandre Ajas zeitgleich entstandenem Horrorfilm MIRRORS (2008), in dem das Grauen ebenfalls aus den Spiegeln kommt. Einige Traumsequenzen gleichen sich frappierend. Aber THE BROKEN ist anders: Kälter, finsterer, zurückhaltender. Große Schattenzonen dominieren die Bildkompositionen von Beginn an, grollende Drones verleihen den alltäglichsten Handlungen etwas Beängstigendes. Dieses Konzept geht auf und wird von sorgfältig geschilderten Charakteren getragen. Dass THE BROKEN am Ende mit allen Konventionen bricht und uns verunsichert zurück lässt, vervollständigt dieses Konzept nur. Sean Ellis ist eine Hoffnung, zweifellos, und seine Handschrift wird bereits in zwei höchst unterschiedlichen Werken deutlich. Dabei hat THE BROKEN wirklich das Zeug zum Klassiker und sollte nicht als simple DVD-Premiere übersehen werden. Die Blu-ray von Koch Media zeigt den Film in augenöffnender Schärfe und schneidenden Kontrasten, die die beklemmende Atmosphäre zusätzlich steigern. Ton und Synchronisation sind überdurchschnittlich. Neben einem hektischen Trailer liegt leider kein Bonusmaterial vor. Die US-DVD hat noch kurze Werbe-Features, auf die man vermutlich ohnehin verzichten kann. Ein Audiokommentar wäre schön gewesen. Aber der Film spricht letztlich für sich. THE BROKEN ist schon jetzt einer der besten Filme des Jahres 2009! Marcus Stiglegger
|
|