Schlagzeilen präsentiert: Black Label

Die Hamburger S&M-Zeitschrift Schlagzeilen kann als das führende Sprachrohr von der Szene für die Szene betrachtet werden. Mit dem Magazin selbst, aber auch mit den begleitenden Reihen - Videos und Büchern - werden die unterschiedlichen Farcetten dieser sexuellen Alternativkultur dargestellt und den individuellen Bedürfnissen des Publikums Rechnung getragen.

Als repräsentative Roman- und Sachbuchreihe hat sich das "Black Label" des Charon-Verlages inzwischen etabliert, und eine Gesamtauflage von 150.000 Exemplaren spricht schließlich für sich. Programm ist die niveauvolle und transgressive erotische Unterhaltung. In dieser Rubrik stellen wir die jeweils aktuellen veröffentlichungen, die uns vorliegen, kurz vor:

Gregor Sakow

Das Walhall-Projekt

285 Seiten, Hardcover, 22 Euro

Etwas ungewöhnlich für eine Veröffentlichung in der SM-Reihe "Balck Label" mutet dieser deutsche Hardboiled-Thriller an: Über fast 300 Seiten entfaltet er eine mitunter atemlose Kriminalhandlung, in die punktuell sexuelle Momente eingestreut werden. Wichtig erscheint hier der latente Subtext von Machtspielen und Transgressionen, die sich aus der Handlung ergeben:

Als die Geliebte des Ex-Polizisten Frost entführt wird, muss dieser widerwillig die Ermittlungen in einem bizarren Fall aufnehmen, der ihn weit in die deutsche Vergangenheit führt. Im Dritten Reich - findet er heraus - wurden genetische Versuche unternommen, das Erbgut ausgewählter SS-Leute für die Zukunft zu bewahren. Dieser 'Gen-Pool' lagert seit dem in den Höhlen des Barbarossa-Berges Kyffhäuser. Mit seinen Ermittlungen immer eine Spur hinter den Entführer her, kann Frost zwar dieses Geheimnis entschlüsseln, verliert sich aber zusehends in einem gefährlichen netz von Intrigen.

Zweifellos ist dem Hamburger Krimiautor Gregor Sarkow hier ein spannender Genreroman gelungen, der geschickt Sadiconazista-Elemente mit der deutschen Gegenwart verbindet (etwa gleich zu Beginn, als er in drastischer Manier die Masturbationsphantasien eines SS-Mannes imaginiert). Leider erschöpft sich die Handlung im letzten Drittel etwas, nachdem das Geheimnis des Kyffhäusers gelöst wurde. Die Sprache ist mitunter betont rüde und bezieht sich immer wieder auf populäre Gegenwartskultur (Filme, Fernsehsendungen, Musik, Werbung), offenbart gar eine 80er-Jahre-Sozialisation des Autor - etwa wenn eine Figur "Spidermike" wie in Sam Peckinpahs CONVOY heißt. Insgesamt ein aufregendes Lesevergnügen, über dessen stilistische Unebenheiten man hinwegsehen kann. Wer ein sadomasochistisches Stationendrama erwartet, könnte allerdings etwas enttäuscht werden. KatNik

 

Ambiente

Die Begegnung
Eine Reise auf die dunkle Seite der Seele

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189 Seiten, Hardcover, 22 Euro

Der bedeutendste Romanklassiker der ernsthaften S&M-Szene ist bis heute wohl Pauline Réages "Die Geschichte der O" (auch im Black Label erschienen). Weder die monumentalen Romane de Sades noch die Surrealismen von Georges Bataille ("Die Geschichte des Auges") konnten gegen diese ritualisierte, komplexe Liebesgeschichte der 'dunklen Art' bestehen. Viele AutorInnen versuchten sich an neuen Versionen des elementaren Stoffes, der den langwierigen Aufstieg einer 'Sklavin' zur 'Herrin' erzählt, doch kaum jemand gelang es, jenen leicht unterkühlten, eigenartig 'dezenten' Stil der Autorin zu erreichen. Jean de Bergs "Das Bild" ist einer der seltenen überzeugenden Versuche.

Auch der nun vorliegende Band "Die Begegnung" von Ambiente knüpft an die Geschichte der "O" an, erschöpft sich jedoch nicht in einer unoriginellen Kopie des Geschehens. Einige initiatorische Momente mögen sich hier ähneln, auch das befremdlich-distanzierte Verhältnis zwischen dem kultivierten Meister mit 'Feder und Peitsche' (sein Symbol) und der zunächst unerfahrenen jungen Frau mögen an "O" und "Sir Stephen" erinnern. Worauf es Ambiente jedoch ankommt, ist vielmehr ein Changieren zwischen liebevoller Zärtlichkeit und ersehnter Auslieferung. So nehmen auch Alltagsschilderungen einen wesentlichen Raum in ihrer Erzählung ein. Das erotische Geschehen entwickelt sich immer wieder schleichend, dann unvermittelt aus alltäglichen Handlungen. Nun gut, es werden nach und nach alle wesentlichen Szenarien bedient, von der Pflege des Körpers über ritualisiertes Gehorsam bis hin zu schweren Fesselungen und Züchtigungen. Doch die Autorin hält all das in der Schwebe einer dekadenten Phantasie, in der allenfalls die Hightech-Spielereien etwas manieriert erscheinen.

Wer gepflegte sadomasochistische Erotika sucht, wird mit diesem schön gestalteten Band sicher gut bedient sein. Auch als verführerisches Geschenk eignet sich das Buch gut. :ms:

 

Fritz Walter

Die Herrin im Turm I
Scallagrim

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272 Seiten, Hardcover, 22 Euro

Über die Stadt Myrrhon erheben sich 7 Türme. Die ersten 6 sind Wirkungsstätten der Magiergilde, die sich in sechs Orden aufteilen, der 7. Turm, dessen Name niemand ausspricht, ist der Sitz des grauen Lords, der Gefahr und des Bösen. Hauptfiguren des Romans sind Kara Ai-Yaree und Scallagrim. Sie ist oberste Magierin des dritten Turms, Zentrum der Magie der Liebe, der Gefühle und Sehnsüchte unter ihrem Wirken aber auch des Schmerzes, der Obsession, der Hörigkeit. Scallagrim, ein ehemaliger Gladiator, wird aufgrund seiner dunklen Vergangenheit und ihrer gemeinsamen Abstammung zu Karas treu untergebenem Beschützer. Mit seiner Hilfe versucht die Herrin des weißen Turms das Böse zu bekämpfen...

Fritz Walters erster Band der Trilogie "Die Herrin im Turm" kommt deutlich erkannbar im Gewand der klassischen heroischen Fantasy daher: die beigelegte Karte erinnert von Aufbau und Zeichenstil stark an die Karten von „Herr der Ringe“. Er bietet eine Mischung aus Fantasy – und gut eingebundenen SM - Elementen, die sehr bildhaft und deutlich ausgeführt sind. Ausführliche Sequenzen behandeln leidenschaftliche SM-Rituale, die zum Teil im Tod der Opfer enden - eine logische Konsequenz der Handlung, da diese dann der Aufrechterhaltung von Karas Jugend dienen. Das Gesamtbild leidet etwas durch den manchmal uneinheitlichen Schreibstil und gleitet dabei durch einige Formulierungen ins Umgangssprachliche ab. Der Gesamtstil orientiert sich an Tolkien: wir bekommen viele lange Beschreibungen von Umgebung und Personen der erfundenen Welt, sehr komplex - aber wenn man „Herr der Ringe“ kennt , kommt es einem etwas nachkonstruiert vor. Ein ausführliches Glossar am Ende des Buches erklärt Begriffe, Namen und Schauplätze aus dem Handlungsverlauf.

Empfehlenswert ist dieser Roman - wie vermutlich auch die Fortsetzungen - für Liebhaber fantastischer SM-Geschichten, die sich gerne in tramhafte Abenteuerwelten verlieren. Melanie Dietz