|
The Agonist
Lullabies for the Dormant Mind
BESTELLEN
(Century Media) CD, 11 Tracks
Die Masse an „female-fronted“-Metal wird
immer unübersichtlicher. Die Männerdomäne Metal ist schon
lange nicht mehr nur reine Spielwiese für Machoallüren und Männlichkeitsrituale,
dennoch hat der Trend auch seine Schattenseiten. So steht jede Band mit
Sängerin im Verdacht, nur auf den Testosteronspiegel der Hörer
abzuzielen, die Sängerin diene damit lediglich als reines Postergirl
für Pubertätszimmer. Zunächst sieht es so aus, als könne
man diesen Vorwurf auch den Kanadiern von The Agonist machen, denn die
Frontdame Alissa White-Gluz wird prominent in den Vordergrund platziert,
zudem hat sie sich nicht gescheut, bei der kanadischen Ausgabe von DSDS,
Canadian Idol, vorstellig zu werden. Alles nur Marketing? Nicht ganz.
Immerhin muss man „Lullabies for the Dormant Mind“ attestieren,
recht progressiv ausgefallen zu sein. Natürlich erinnert der Sound
durch Alissas Gegrunze ein wenig an Arch Enemy, doch weder findet sich
hier der lupenreine Thrash der Schweden, noch setzt die Frontfrau einzig
auf derbes Gekrächze – auch wenn der klare Gesang oftmals überproduziert
und geschichtslos klingt. Musikalisch tänzelt man zwischen den Extremen,
besonders die ständigen Tempi-Wechsel dürften Liebhaber geradliniger
Klänge anstrengen. Das Ausverkaufsargument fällt also weg: „Lullabies
for the Dormant Mind“ ist zu komplex, um wirklich in den Charts
anzukommen, stellenweise wirkt alles ein wenig unsortiert – man
scheut sich auch nicht, das Thema des Schwanensees von Tschaikoswki zu
interpretieren, was für eine ruhige Minute sorgt, aber etwas arbiträr
und forciert wirkt. Überhaupt sind The Agonist etwas krampfig, dem
Nu-Metal fehlt es letztendlich an wirklich überzeugendem Material
und einer eindeutigen Eigenständigkeit, auch wenn die Musik das Potential
und das Können der Macher aufzeigt. Letztendlich fehlt es dann doch
an der wirklichen Überzeugungskraft der Songs, um das Album als wahres
Must-Have zu etablieren, „Lullabies for the dormant Mind“
wird aber auf jeden Fall seine Liebhaber finden.
Martin Kreischer
|