From the Underground...

Labelporträt: Sunny Bastards Films

www.sunnybastards.de

Made in Britain

Regisseur: Alan Clarke (Scum-Abschaum / Rita, Bob & Sue tun es)
Darsteller: Tim Roth, Vass Anderson, Allister Bain
Musik: The Exploited
Bild: 1:1,33 Vollbild
Ton: Deutsch – Mono, Englisch- Mono
Untertitel: englisch (voraussichtlich)
Extras: Trailer zu Pöbel & Gesocks – die Band
Laufzeit: 77 Minuten

Suburbia

R: Peneope Spheeris
Bild: 1:1,33 Vollbild
deutsche und englische Uncut-Fassung (Ton DD 2.0 & 5.1)
Extras: Regie-Audiokommentar von Penelope Spheeris
Videoclips von Oxymoron, Broilers & Pöbel und Gesocks
Video-Trailer zu "No Future 2004", "Verlierer" und mehr!!!
Trailer "Wild Streets" & "Suburbia
8-seitiges Booklet mit allen Hintergründen zu film und Bands

Skinheads

Deutschland 1996
R: Klaus Farin, Reiner Fromm.
Bild: 1:1,33 Vollbild
Spieldauer: 155 Minuten
Sprache: Deutsch
Extras: Videoclips und Trailer.

Skinhead Attitude

Frankreich / Schweiz 2004, ARTE / SSR
Regie: Daniel Schweizer
Mit: Laurel Aitken, Sham 69. The Oppressed. Bad Manners, Stage Bottles, Los Fastidios u.v.a
Spieldauer: ca 89 Minuten (plus 52 Minuten Extras)
Sprachen: Deutsch, Englisch, Französisch (Ton: Dolby Digital 2.0)
Untertitel: Deutsch, Englisch,
unveröffentlichtes Bonus-Material:- Roddy Moreno-Interview (The Oppressed) - Jimmy Pursey -Interview (Sham 69) (erstes Interview seit über 10 Jahren) - Say Goodbye" / "All you need is hate" by Stagge Bottle (live in Mannheim) - "We hate G8" by Los Fastidios (live in Cracovie) - “Johnny an the queer Boot Boys” - Los Fastidios Videoclip - Produktionsnotizen/Synopsis vom Regisseur - Biografie Daniel Schweizer - Original-Kinotrailer „Skinhead Attitude - „Sunny Bastards Films“ Programm-Vorschau

Der internationale Triumph des Heimmediums DVD hat sich für die Pflege der Filmgeschichte als äußerst konstrukiv erwiesen: Nicht nur sind inzwischen die meisten Klassiker in restaurierten Versionen zugänglich, auch die kleineren Werke kommen auf diese Weise zum Zuge. So wird es möglich, vergessene Perlen des Genrekinos und ganze Oeuvres übersehener Filmemacher neu zu entdecken. Es gibt offenbar immer noch - und wieder - Lücken zu entdecken, in denen sich kleine Labels einrichten, die mit der Hingabe des treuen Fans ihre Veröffentlichungen sorgfältig vobereiten und mit Mengen an Bonusmaterial anbieten.

In Essen ist das subkulturell orientierte Label Sunny Bastards ansässig, das es sich zur Aufgabe gemacht hat, die kinematografische Reflexion der Punk- und Skingheadszene der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, um letztlich aufklärerisch zu wirken und verbreitete Negativ-Mythen über diese Subkulturen abzutragen.

BESTELLEN

Die erste Wiederentdeckung des Labels ist ein Film des britischen Sozialkritikers Alan Clarke: "Made in Britain" (1983) mit Tim Roth gehört neben dem Gefängnisdrama "Scum - Abschaum" (1979) und dem Hooliganfilm "The Firm" (1990) zu Clarkes rückhaltloser Darstellung der Kehrseite der britischen Gesellschaft. Trevor (Roth) begegnet uns hier als sozial nicht kompatibles Subjekt: ein rechtsextremistischer Skinhead mit Hakenkreuz-Tattoo zwischen den Augen, der mit äußerster Aggression auf die Einflussnahme seiner Umgebung reagiert. "Made in Britain" - ein konsequenter bildhafter Titel - porträtiert einen Menschen, der seinen aggressiven Lebensstil als permanente Provokation gegen die Gesellschaft gerichtet hat, Resozialisierungsmaßnahmen oder Strafen scheinen keine Wirkung zu haben. Was bleibt, ist Trevors kaltblütiges Grinsen, das Tim Roth mit erschreckendem Leben füllt: eine Maske des Hasses, der sich im Leerlauf einrichtet hat. Mit körnigen, kalten Bildern erzählt Clarke von einem Leben ohne Ausweg, meist nah am Gesicht seines Protagonisten. "Made in Britain" ist ähnlich konfrontativ wie Clarkes legendärer Kurzfilm "Elephant", in dem wir eine Reihe von scheinbar willkürlichen Morden in Londoner Vororten beobachten müssen. Es ist längst überfällig, diesen Klassiker des britischen (TV-)Films nun auf DVD vorliegen zu haben. Die DVD bietet die deutsche Synchronisation (77 Minuten) und eine gekürzte englischsprachige Schulfilmversion (43 Minuten). Das rauhe Vollbild entspricht genau Stil und Intention des Films.

BESTELLEN

Die Amerikanerin Penelope Spheeris hat sich mit ihren amerikanischen Komödien (u.a. "Wayne's World", 1991) nicht gerade als Kultfilmerin empfohlen. Doch in den achtziger Jahren gehört ihr Herz ganz der amerikanischen Subkultur. In drei Dokumentationen namens "Decline of the Western Civilization" porträtierte sie die Punk-, Metal- und Grunge-Jugend ihres Landes. Aus den Recherchen der frühen 1980er Jahre entstand ihr Film "Suburbia - Rebellen der Straße" (1983), der die Geschichte einer kalifornischen Vorstadt-Punkkommune schildert. Diese Gruppe gestrandeter und verstoßener Jugendlicher nennt sich "T.R. - The Rejected" und vertreibt sich die Zeit mit Konzertbesuchen und kleinen Querelen mit der bürgerlichen Nachbarschaft. Den Rednecks der Umgebung sind sie mit ihrem schrägen Outfit und ihrer Wut auf die Gesellschaft ein Dorn im Auge, und so bleibt bei den unvermeidlichen Straßenkämpfen ausgerechnet das jüngst Mitglied der "T.R." auf Strecke... Roger Cormans Produktion gelingt in der rauhen - aber daher umso authentischeren - Inszenierung von Spheeris ein schonungsloser, subjektiver Blick in eine ambivalente Subkultur. Der Puls von "Suburbia" wird bestimmt von heute legendären US-Punkbands, deren Liveauftritte in die Handlung integriert wurden. Und so bietet die DVD neben dem Film in einer dem Material adäquaten Fassung (in deutsch und englisch mit Untertiteln) vor allem Musikclips als Bonus. Herausragend ist auch das umfassende Booklet, das die Hintergründe des Films erklärt.

BESTELLEN

Doch Sunny Bastards haben nicht nur Spielfilme auf dem Programm. Ein besonderes Segment ist seriösen Dokumentarfilmen gewidmet, die sich subkulturellen Phänomenen in all ihrer vielschichtigen Ambivalenz widmen. Die zweistündige Dokumentation "Skinheads" (1996) von Klaus Farin, Leiter des Archivs für Jugendkulturen (Berlin), und dem ZDF-Journalisten Rainer Fromm, beide ausgewiesene Experten in dieser Thematik, arbeitet die Geschichte der Skinheadbewegung in ihrer erstaunlichen Breite auf: Von dem Spirit of 69 und Oi-Skins bis hin zu den sogenannten "Boneheads" aus dem rechtsextremistischen Spektrum oder den linksorientierten SHARP- oder Red Skins wurden zahlreiche Interviews geführt, Konzertausschnitte ausgewertet und ungewöhnliche Vertreterinnen und Vertreter der Szene vorgestellt. Dabei liegt eine besondere Betonung auf den Wurzeln der Oi- und Ska-Musik in der schwarzen Musik, in Blues, Rock'n'Roll und Raggae. Aber es wird auch deutlich gemacht, an welchem Punkt (zunächst) die britische Skinheadsszene von der 'National Front' für politische Ziele instrumentalisiert wurde, so dass sie heute oft synonym mit dem Klischee der 'Naziglatze' gesehen wird. Hier differenziert die Dokumentation sehr sorgfältig, bis hin zu Interviews mit rechtsradikalen Populisten, die sich ganz von den Skins distanzieren möchten. Insofern ist dieser Film ein wichtiger Beitrag, der hilft, einen mitunter ambivalenten subkulturellen Stil zu verstehen. Die DVD bietet zudem einige Konzertvideos und wartet mit einem etwas rustikalen Menü auf. Der Film selbst eignet sich durchaus als Diskussionsmaterial für den Schulunterricht, wie er vor einigen Jahren auch in speziellen Kinovorführungen gedacht war.

BESTELLEN

Daniel Schweizers renommierter Dokumentarfilm "Skinhead Attitude" (2003) unternimmt eine ähnliche Reise wie "Skinheads", doch wählt er eine ungleich persönlichere Perspektive: Er begleitet das Renee(=Skin)-Mädchen Karole auf einer Reise durch Länder, in denen die Skinheadszene einen prägnanten Ausdruck gefunden hat. Der Film liefert somit vor allem eine eingehende Bestandsaufnahme der gegenwärtigen Szene: Von den jamaikanischen Wurzeln und dem schwarzen Musiker Laurel Aitken zu den Straßenschlachten linker Skins mit der Polizei in Polen, von der antirassistischen S.H.A.R.P.-Bewegung ("Skinheads Against Racial Prejudice") bis hin zu rechtsextremistischen Gruppierungen wie "Blood + Honour". Wie ein Roadmovie funktioniert diese aufregende Reise durch 40 Jahre Subkultur, auf der DVD begleitet von zusätzlichen Interviews und Konzertmitschnitten (50 Minuten). "Skinhead Attitude" ist über sein Thema hinaus vor allem ein dichter und differenzierter Dokumentarfilm, der seine Spuren im Genre hinterlassen hat und in zwei weiteren Filmen von Schweizer zur Trilogie vollendet werden wird.

Angekündigt ist bei Sunny Bastards inzwischen neben einigen szeneorientierten Musikvideos vor allem Bernd Schadewalds Straßendrama "Verlierer" mit Campino (Sänger der Toten Hosen) und Ralf Richter und der amerikanische Punkfilm "The Edge of Quarrel". Wünschenswert wäre endlich auch die Verfügbarkeit der "Decline-Trilogie" von Penelope Spheeris. Es bleibt mit Spannung abzuwarten, wie sich dieses kleine, bewusst randständige Label, das längst ein prägnantes Veröffentlichungsprofil sein Eigen nennen kann, zukünftig entwickelt.

MS