Runes Order

Disco Nero

HauRuck SPQR CD, 12 Tracks, im Jewelcase

Dass Kraut- und Progressiverock einen wesentlich stärkeren Einfluss auf Industrial Music und ihre Nachkommen hatte, wird häufig unterschlagen, da sich der eher hippiesk-psychedelische Gestus gerade nicht – zumindest oberflächlich – mit der kontemporären, überbetonten Ernsthaftigkeit und Schockattitüde zu vertragen scheint.

Claudio Dondos Projekt RUNES ORDER huldigt genau dieser Verbindung in einem Maße, wie es derzeit eigentlich nur die letzten DER BLUTHARSCH Veröffentlichungen tun. Er vermischt gekonnt die dunkle, martialische Ästhetik und die Verweise auf Runenmagie und Spiritualismus mit flippig poppigen Strukturen. Ein Vergleich, der gerne bemüht wird, ist Claudio Simonetti, der – häufig als Band mit THE GOBLINS auftretend – in den 70er und 80er Jahren Filme von Horror-Großmeistern wie Argento und Romero absolut veredelt hat.

Genau dieser Einfluss ist auf der aktuellen RUNES ORDER CD so stark wie noch nie. Betont klassische Synthesizer Sounds werden geschickt mit Rock und italienischer Popmusik vermengt und erzeugen eine ganz eigene, mal beklemmende, mal beinahe erquickende Stimmung. Selbst aktuelle experimentelle Strömungen wie Drone Doom Metal finden einen Platz in dieser teils wilden, aber nie kruden Mixtur. Es ist wirklich eine beachtliche Leistung, so viele unterschiedliche Ideen und Genres miteinander zu verheiraten, ohne, wie so viele gescheiterte Experimente dieser Art beweisen, den Fokus zu verlieren und in einer gewissen Beliebigkeit zu enden.

Ob man ULVER schätzt oder gerne BOHREN UND DER CLUB OF GORE hört, selten war ein Tonträger dieses musikkulturellen Umfeldes so vielseitig in den ausgelösten musikalischen Assoziationen. Dondo nimmt den gemeinsamen Nenner der einzelnen Strömungen auf und bringt ihn gekonnt auf einen Punkt. Homogen fügen sich die einzelnen Tracks aneinander: Langeweile kommt durch das hohe Maß an Abwechslung eigentlich nie auf. Ob mit zarter Frauenstimme oder von verstörenden Samples untermalt, jedes einzelne Lied hat einen starken, kantigen Charakter und überzeugt auch bei mehrmaligem Hören noch voll und ganz.

Ein wunderbarer Soundtrack – ob zum eigenen Kopfkino, Visionen a la „Profondo Rosso“ oder auch nur als Untermalung zu einem nächtlichen Spaziergang, am besten durch eine etwas dreckig-morbide Metropole. „Disco Nero“ ist ein Allzweckwerkzeug, um den Alltag und die eigenen Stimmungen ansprechend zu beschallen. Eine Veröffentlichung, die ganz unverkrampft einfach Freude macht und vermutlich auch von etwas nachhaltigerer Wirkung sein wird.

Daniel Novak