Der Pornograph Le Pornographe Es gibt eine Tradition des französischen Skandalfilms, die bis in die 1960er Jahre zurückreicht – durchaus verflochten mit der Nouvelle Vague. Von Bunuels BELLE DE JOUR über Bertoluccis LETZTEN TANGO IN PARIS und José Pinheiros MON BEL AMOUR bis hin zu Catherine Breillats ROMANCE ist der französische Kunstfilm ohne seine gelegentlichen Ausflüge in das Grenzwertige, 'Obszöne’ und Gewagt kaum vorstellbar. Immerhin hat man dort ja auch Pornostars wie Ovidie, eine gepiercte Gothic-Queen, die Philosophie studierte und zwei Bücher über ihre Erfahrungen geschrieben hat. Ovidie ziert auch das Cover der DVD DER PORNOGRAPH von Bertrand Bonello, eines Films, der all diese Phänomene zusammenführt. Erzählt wird die späte Krise eines Pornofilmers der revolutionären 1970er Jahre – gespielt von Francois Truffauts Lieblingsdarsteller Jean-Pierre Léaud. Viele Jahre hat er nicht zu seinem Sohn finden können; er verlässt seine Frau und muss wieder anfangen, Pornofilme zu drehen, die nur noch ein Abglanz seiner früheren Werke sind. Titel und Aufmachung der qualitativ hervorragenden DVD beschwören den Skandal – und zunächst tritt er ein: Die erste Hälfte des Films befriedigt die voyeuristischen Erwartungen, um sich dann endlich der eigentlichen Idee zuzuwenden: Dem existenziellen Psychodrama, der Resignation. Das ist Innenblick und Dialog, lange Einstellungen und irritierende Jumpcuts. Das ist das Erbe der Nouvelle Vague. Also: Hose zu und schön aufmerksam sein! Es lohnt sich. Fazit: Französische Tradition der Qualität mit einem Schuss Hardcoresex. Marcus Stiglegger |
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