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Pensées Nocturnes
Nom d’Une Pipe
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Label: LADLO Productions
Format: CD
Spieldauer: ca. 50 Min.
Veröffentlichung: 01.04.2013
Pensées Nocturnes sind die akustische Manifestation
des M.C. Escher’schen Unmöglichen und verbinden Black Metal
mit Jazz sowie französischer Musette. Während sich gerade Black
Metal als Genre eigentlich jeder Fusion bzw. Aktualisierung gegenüber
unvereinbar verhält und damit gewissermaßen als modernisierungsresistent
beschrieben werden könnte, gelingt Pensées Nocturnes mit „Nom
d’Une Pipe“ die musikalische Quadratur des Kreises. Auf ihrem
vierten Album vereinen sie düstere Vocals, verzerrte Gitarren und
Doom-Versatzstücke mit Jazz, Chanson, Off-Beats, Klarinette, Flöte
und Trompete.
Zugegebenermaßen, vom klassischem Black Metal à
la Burzum, Barthory oder Darkthrone haben sich Pensées Nocturnes
weit entfernt. Schon alleine die beeindruckend pompöse Produktion
des Albums ist eher ungewöhnlich und auch die Kompositionen mit ihren
vielseitigen Instrumentierungen sowie den zahlreichen stilistischen Zitaten,
die von Musical bis New Orléans Jazz reichen, sprengen alle klassischen
Genre-Konventionen. Nur vereinzelt arbeiten sich 'traditionelle’
Blast Beats und der typisch gutturale Gesang an die Oberfläche und
bilden damit vielmehr den Rahmen als das eigentliche Bild des Albums.
Mit ihrer einzigartigen Stilcollage, die neben dem Black Metal einen weiteren
Fixpunkt im traditionellen Musette findet, knüpft die Band atmosphärisch
an die Pariser Varieté und Nachtclub-Kultur der Jahrhundertwende
an, die im Moulin Rouge ihr ikonisches Zentrum fand. Die „Fin de
siècle“-Lebensart dieser Zeit, die grotesken und überzeichneten
Gesten, und die alles überschattende „Décadence“
scheinen dabei über einige Ecken durchaus mit der Ästhetik des
Black Metal verknüpfbar: Ausgestattet mit Corpsepaint schleichen
Pensées Nocturnes durch die absinthschwangeren Nächte der
Cafes in Montmartre und pendeln dabei zwischen Straßenmusik und
Varieté-Kitsch – so ließe sich „Nom d’Une
Pipe“ in ein griffiges Bild fassen. Musikalisch wie konzeptionell
ist diese Fusion des eigentlich Unkombinierbaren allerdings souverän
gelöst und gekonnt umgesetzt, sollte jedoch vielleicht nicht unbedingt
zu ernst genommen werden.
„Nom d’Une Pipe“ – Der Albumtitel
verweist auf René Magrittes berühmtes Gemälde „La
trahison des images“ von 1929, das eine Pfeife darstellt, diesen
Bildinhalt jedoch mit dem darunter geschriebenen Satz „Ceci n’est
pas une pipe“ provokant und ironisch konterkariert. Auch Pensées
Nocturnes spielen auf ihrem Album gewissermaßen mit dieser Logik
und vertauschen sprachwissenschaftlich gesprochen Signifikant und Signifikat
bzw. in Lacans Nomenklatura Symbolisches und Reales. Durch die konsequente
Kombination der Stile, die hier zur Konfrontation übersteigert wird,
stören sie die künstlerischen Ordnungen und entlarven festgelegte
Konventionen. Wenn „Nom d’Une Pipe“ im letzten Stück
„Bonne bière et bonne chère“ zunächst einen
Walzer und dann einen Humppa-Rhythmus anstimmt, ist dann schlussendlich
entweder alles gewonnen oder alles verloren – die Entscheidung bleibt
dem Hörer selbst überlassen. In jedem Falle ist es ein außergewöhnliches
Werk, das von LADLO Productions mit einem stilvollen und umfangreichen
Artwork und Booklet hochwertig veröffentlicht wurde.
Patrick Kilian
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