Mad Dog Morgan

Label: '84 Entertainment
Laufzeit: 99 Min.
Regionalcode: 2
Produktionsjahr: 1976
Produktionsland: Australien
Regie: Philippe Mora
Bildformat: 2.35:1 (16:9 anamorph)
Ton: Deutsch, Englisch (DD 2.0)
Untertitel: Deutsch
Extras:
Audiokommentar von Philippe Mora, Booklet,
Making Of, Interviews, Deleted Scenes, Alte Endcredit Fassung, Locations-Featurette, Poster

„'84 Entertainment gets tromatized“ - so lautet seit einiger Zeit ein Slogan des Labels '84 Entertainment und bezeichnet dessen Vorhaben, in den kommenden Jahren alle repräsentativen Titel aus dem Hause Troma für den deutschen Markt zu veröffentlichen. Zu diesen zahlreichen Filmen gehören dabei auch jene Werke, die nicht direkt von Troma produziert, aber in Amerika vertrieben wurden. Philippe Moras Outlaw-Drama Mad Dog Morgan von 1976 ist eines davon.

1865: Im australischen Busch ist der Goldrausch ausgebrochen, der eine multikulturelle Ansammlung von Glücksrittern auf den fünften Kontinenten führt. Unter ihnen befindet sich auch Daniel Morgan (Dennis Hopper), der Zeuge eines Massakers an den chinesischen Bewohnern des Dorfes miterlebt, in dem er wohnt. Durch dieses einschneidende Erlebnis geprägt und von nun an ohne Heimat, startet Morgan seine Verbrecherkarriere. Bei einem Raubüberfall wird er festgenommen, für zwölf Jahre inhaftiert und muss im Gefängnis mehrfach grausame Misshandlungen über sich ergehen lassen. Wieder auf freiem Fuß wird Morgan voll und ganz zum Outlaw. Begleitet von dem Aborigine Billy (David Gulpilil) und verfolgt von Kopfgeldjägern gerät er zunehmend in blutige Auseinandersetzungen mit der Regierung.

Formal ist Mad Dog Morgan ein Hybrid aus verschiedenen Genres und Strömungen. Hauptsächlich bedient sich Moras Film der Ikonographie eines Western, indem er sich, wie Daniel Stümpfig im Booklet des Mediabooks herausstellt, besonders an Genrevertretern wie Delmer Daves „Broken Arrow“ (1950) oder Anthony Manns „Devil's Doorway“ (1950) orientiert und dabei ähnliche Themen, wie z.B. die Situation der Ur-Einwohner und Rassismus, aufgreift – Elemente, die im klassischen Western größtenteils ignoriert wurden. Stilistisch kann Mad Dog Morgan auch als Vorläufer von John Hillcoats The Proposition (2005) gesehen werden, der sich ebenfalls typischer Motive des Western bedient und im Subtext moderne Strukturen dem Archaischen, Ursprünglichen gegenüber stellt. Obwohl Mad Dog Morgan in Australien, also weit entfernt vom Establishment der amerikanischen Filmindustrie gedreht wurde, verströmt beinahe jede Szene deutlich den Hauch des New Hollywood-Kinos. Vor allem durch die Entmystifizierung des Revolverhelden, die Fokussierung auf Randgruppen der Gesellschaft, die häufige Darstellung extremer Gewalt und nicht zuletzt die Besetzung der Titelrolle mit Dennis Hopper, dem Regisseur von Easy Rider (1969), sind bezeichnende Referenzen an die junge, aufstrebende Generation von amerikanischen Filmemachern zur damaligen Zeit. Hopper verleiht dem Charakter der historischen Figur des Daniel Morgan in gleichem Maße Kaltblütigkeit, Verzweiflung und Verletzlichkeit. Neben seinem radikalen Leben als Gesetzesloser lernt der Zuschauer ihn als extrem einsamen Menschen und treuen Freund – besonders gegenüber seinem Gefährten, dem Aborigine Billy – kennen. Es ist keine Frage, dass Hoppers außerordentliche Performance ein Hauptträger des Films ist.

Die vorliegende Veröffentlichung von '84 Entertainment macht Mad Dog Morgan auf dem deutschsprachigen Markt zum ersten Mal komplett ungekürzt zugänglich und ist einmal mehr eine tadellose Leistung des Labels. Angefangen bei der tollen Aufmachung des Mediabooks (als Cover wurde das schöne alte VHS-Motiv von Robot Video aus den achtziger Jahren verwendet) über den Ton, der auf der deutschen Spur die nostalgische alte Originalsynchronisation wiedergibt, und das Bild, das einen tollen Filmlook bar jedweder Glattheit präsentiert, bis hin zum umfangreichen Bonusmaterial, das weitestgehend von der amerikanischen Troma-DVD übernommen wurde, überzeugt das 2-Disc-Set auf ganzer Linie. Das bereits erwähnte Booklet bietet gut komprimierte Informationen sowohl über den Films selbst als auch über seine Verortung innerhalb der Filmgeschichte. Dazu gibt es einen kurzen bebilderten Teil mit teilweise historischen Photographien. Die Interviews mit Hauptdarsteller, Regisseur und Crew-Mitgliedern bieten einen umfassenden Blick auf die Dreharbeiten und beleuchten diese sowohl aus künstlerischer als auch technischer Perspektive. Dazu gibt es einen interessanten Audiokommentar von Philippe Mora, das Drehbuch im pdf-Format sowie das Original-Making-Of aus den Siebzigern, das sehr seltene Einblicke in die Dreharbeiten bietet und besonders die erstaunlich unprätentiöse Arbeitsweise von Method-Actor Dennis Hopper in den Vordergrund stellt. Weitere Features wie Deleted Scenes, eine Locations-Tour und Trailer runden die randvolle Bonusdisc ab. Mehr Informationen zu diesem Klassiker in solch gebündelter Form bekommt man sonst wohl nirgendwo.

Für Filmliebhaber und -sammler – die Zielgruppe, die vermutlich hauptsächlich an der auf 1500 Stück limitierten Erstauflage Interesse haben wird – gibt es definitiv keine Alternative. Nie zuvor lag Mad Dog Morgan in einer gelungeneren Veröffentlichung vor. Der Film ist ein Klassiker des australischen Kinos und nicht anders wird er hier dargeboten. Ein Highlight auf dem DVD-Markt und ein weiterer Ritterschlag für Labels, die sich unterschlagener Filmklassiker annehmen.

Kai Naumann