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Liebe und Tod im Garten der Götter
(Orig.: Amore E Morte Nel Giardino Degli Dei; 1972 Lido Cinematografica)
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Filmart Giallo Edition #005
Regie: Sauro Scavolini
Kamera u. Produktion: Romano Scavolini
Darsteller: Peter Lee Lawrence, Erika Blanc, Ezio Marano, Orchidea de
Santis, Rosario Borelli, Franz von Treuberg, Vittorio Duse
Bildformat: 1.85:1 (anamorph)
Tonformat: Italienisch (Dolby Digital 2.0 Mono)
Untertitel: Deutsch
Laufzeit: 86 Minuten + Extras
Extras: Audiokommentar von Marcus Stiglegger u. Kai Naumann, Booklet von
Christoph Draxtra, Intro von Erika Blanc, Interview mit Erika Blanc (von
2014), Italienischer Kinotrailer
Limitiert auf 1000 Stück.
Als filmische Projektionsfläche trat der
Garten im italienischen Kino bereits zwei Jahre vor der Veröffentlichung
von „Amore E Morte Nel Giardino Degli Dei“ sehr prominent
in Erscheinung: 1970 bildete er das erzählerische Ambiente für
Vittorio De Sicas „Der Garten der Finzi Contini“ (Orig.: Il
giardino dei Finzi-Contini), indem das Schicksal einer jüdischen
Familie während der Zeit des Faschismus reflektiert wurde. Während
dem Garten dort als Versteck und Zufluchtsort eine positive Konnotation
zukommt, erscheint er in Scavolinis Psycho-Giallo als beängstigende
Manifestation des verdrängten Unbewussten. Hier liegen Liebe und
Tod eng beieinander, in seinen verwilderten – ja geradezu rhizomatischen
– Verästellungen regiert nicht die Logik der Vernunft, sondern
das Gesetz der Götter.
Die Handlung lässt sich schnell und doch nur unvollständig
erzählen: Ein Professor für Ornithologie mietet eine Villa mit
umgrenzenden Garten, um dort Vogelstimmen auf Magnettonbänder aufzuzeichnen.
Im Unterholz seines neuen Zuhauses findet er bei einem Spatziergang ein
Knäuel alter Tonbänder. Nicht nur optisch ähnelt dieser
Fund dem verschlungen Gewirr des Gartens, auch die darauf gespeicherten
Informationen führen zu einer undurchdringlichen Geschichte, die
im Fortgang die Handlung des Filmes bestimmen soll. Zu hören ist
ein Dialog zwischen einer Frau und ihrem Psychoanalytiker, in dem die
pathologische Nahbeziehung der Patientin zu ihrem Bruder offengelegt,
und in verschiedenen ineinander verwobenen Rückblicken rekapituliert
wird. Es geht dabei um obsessive Geschwisterliebe, krankhafte Eifersucht
gegen den neuen Partner der Schwester und schließlich um Mord. Filmisch
wird diese Collage aus Träumen, Erzählungen, verschiedenen Erzählebenen
mit mehreren Gegenwarten und Vergangenheiten, in fragmentarischen Szenenfolgen
gelöst, die so auf formaler Ebene die psychoanalytischen Motive der
Handlung spiegeln: Unbewusstes, Erlebtes und Reflexives verschwimmen dabei
zu einem nur schwer trennbaren Vexierbild. Schließlich beginnt das
Tonband die Stimme an den Professor zu wenden, der bis dahin nur die Rolle
des unbeteiligten Beobachters inne hatte, und am Ende doch zu einem Akteur
des Geschehen werden wird. Anstelle von Vogelstimmen, sind es die kodierten
Psychogramme, die der Wissenschaftler nun dechiffrieren muss...
„Amore E Morte Nel Giardino Degli Dei“ ist ein
komplexes Werk des italienischen Genre-Films, das sich von den großen
Klassikern des Giallo durch seinen collagenartigen Aufbau, seine an Pasolini
erinnernden Traumsequenzen sowie seinen Verzicht auf visuelle Exploitationen
unterscheidet. Viel eher unternimmt dieser Film den Versuch, eine Meditation
und metaphorische Verdichtung dieses Genres zu entwickeln – ein
Ansatz, der aktuell auch von Hélène Cattet and Bruno Forzani
mit „Amer“ (2009) sehr kunstvoll und ambitioniert umgesetzt
wurde. Speziell die Traumbilder entwerfen eine metaphorisch-enigmatische
Atmosphäre, die sich der teils doch eher einfachen Logik der Gialli
zu entziehen vermag, und deren Konventionen künstlerisch gegen den
Strich filmt. Bewusst wird dabei auf eine herkömmliche Spannungsdramaturgie
verzichtet, und das Geschehen in der Rückblende vermittels der nachgehörten
Tonbänder erzählt.
Für Filmliebhaber ist es ein großes Glück,
dass „Amore E Morte Nel Giardino Degli Dei“ nun zum ersten
Mal in Deutschland auf DVD veröffentlicht wurde. Neben dem authentischen
Bild, sind vor allem die Extras der DVD hervorzuheben: Neben einem, ebenso
fachkundigen wie unterhaltsamen, Audiokommentar, in dem die beiden Filmwissenschaftler
Marcus Stiglegger und Kai Naumann die interfilmischen Bezüge und
Motive des Film analysieren, enthält die Veröffentlichung ein
Interview mit der Schauspielerin Erika Blanc sowie ein 10 seitiges Booklet
von Christoph Draxtra. Als werksgetreue Veröffentlichung verzichtet
die DVD auf eine deutsche Nachsynchronisation und präsentiert den
Film in italienischem Original mit optionalen deutschen Untertiteln.
„Liebe und Tod im Garten der Götter“
spannt den großen Bogen zwischen Eros und Thanatos und legt den
italienischen Giallo währenddessen auf Freuds Couch – mit seinen
Bezügen zum europäischen Arthouse-Kino dieser Zeit (à
la P.P. Pasolini), aber auch zu klassischen Mythen und der griechischen
Tragödie, könnte dieser lange vergessene Film ein Publikum begeistern,
dessen Interesse über den Killer mit schwarzen Handschuhen hinausreicht:
Kein Konfektionsware von der Stange, sondern italienische Couture...
Patrick Kilian
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