Karl Bösmann

Eskalation

Label: Youdonthavetocallitmusic
Format: LP (500 ltd.)
Veröffentlichung: 2007

Die Veröffentlichung von Karl Bösmanns „Eskalation“ auf den noch jungen Label Youdonthavetocallitmusic liegt zwar schon etwas zurück, dennoch ist dieses sperrige und konsequent gearbeitete Werk einer verspäteten Beachtung wert. Hinter dem Pseudonym Karl Bösmann verbirgt sich der Bildhauer Markus Thorn, dem es mit „Eskalation“ gelingt das Konzept der Skulptur in den akustischen Raum zu übertragen und mit seinen vom Industrial inspirierten Kompositionen spröde Klang-Plastiken zu erschaffen.

Dass Bösmann sich musikalisch eher dem additiven Verfahren der Plastik bedient, machen schon die Stücke „Voice 23“ und „RRRRR“ deutlich, in denen immer neue Klangschichten aufeinander aufgetragen werden. Im Unterschied zur Skulptur, die durch ein Abtragen von Schichten ihre Form gewinnt, wachsen die Konstruktionen Bösmanns gerade durch Aufschichtungen und Überlagerungen. Für seine düsteren und sperrigen Gebilde verwendet er ausschließlich „original instruments“ – wie das Textblatt der Platte vermerkt – und verzichtet konsequent auf den Einsatz von Sampling-Technologie. Dies trägt dazu bei, dass die Titel alle eine spürbar organische Essenz ausstrahlen, obgleich die Instrumente stark verfremdet und nur selten klar identifizierbar sind. Im zwanzigminütigen Titel-Track entfaltet sich schließlich die bereits in den vorangegangenen Stücken aufgebaute Stimmung in voller Größe: atmosphärische Drones, an Kreissägen erinnernde Noise-Fetzen, an- und abschwellendes Rauschen und pulsierende Echos formen einen monolithisch anmutenden Klang-Körper. Die einzelnen Schichten beginnen sich in aufeinander zu bewegender Weise zu verweben um schließlich miteinander zu verschmelzen. Trotz ihres dezidierten Eigenwertes erscheinen die vorherigen Stücke nun wie Arbeitsschritte auf dem Weg zu der hier entwickelten Klang-Plastik. In der sich dynamisch steigernden Intensität wird zusätzlich der Titel „Eskalation“ akustisch antizipiert. Mit dem etwas befremdlichen spoken-word „Sgt. Collaps“ endet das Album schließlich und das klangliche Monument fällt wieder in der Stille zusammen aus der es hervorgegangen ist.

„Eskalation“ lädt den Hörer zu einem aufregenden Klangerlebnis ein und besticht durch seine stilistische Homogenität. Youdonthavetocallitmusic veröffentlicht dieses Werk in einem sehr stilvollen und hochwertigen Design mit silber-metallischem Druck auf schwarzem Grund. Auch das Textblatt ist in diesem Stile gehalten und zeigt eine Collage, die ihrerseits auf die additive Technik des Albums verweist. Neben der regulären, auf 500 Exemplare limitierten Edition, erscheint „Eskalation“ zudem als Box-Set mit zusätzlichen CDs und weiteren Extras (ltd. 100). Für Industrial Hörer ist Bösmann eine veritable Entdeckung und gerade in dieser liebevollen Veröffentlichung eine echte Besonderheit.

Patrick Kilian