Arts

Thousand Wounds of War

Label: Youth Attack Records
Format: Vinyl
Veröffentlichung: 2012 (LP Re-release); 2005 (Orig. Cass)

Arts ist das Solo-Projekt des New Yorker Punk/Hardcore Vocalisten Mark McCoy. Ursprünglich hatte sich dieser mit Bands wie Charles Bronson, Holy Molar und vor allem Das Oath einen Namen in der internationalen Underground-Szene gemacht. Seit einigen Jahren hat er seinen künstlerischen Fokus allerdings stärker graphischen Arbeiten gewidmet, mehrere Kunstbücher veröffentlicht und sein Label Youth Attack Records vergrößert. Auch ästhetisch hat sich McCoy in den letzten Jahren umorientiert, was sich in seinen jüngsten Projekten Ancestors, Hallow und eben Arts deutlich nachzeichnen lässt. Statt Punk und Hardcore sind diese Arbeiten einer dunkleren Atmosphäre verpflichtet, Nihilismus durchströmt und kompositorisch experimenteller. Noise, aber vor allem Black Metal ist dabei zum ikonischen Genre McCoys avanciert, das gegenwärtig als Konstante über seinem Schaffen schwebt, und aus dem nunmehr eifrig zitiert wird.

Erstmals erschien „Thousand Wounds of War“ 2005 als Kassette in einer limitierten Auflage von 100 Stück. Bereits in dieser Veröffentlichungspraxis (Kassette sowie starke Limitierung) wird der bedingungslose DIY-Ethos McCoys verdichtet erkennbar. Obgleich er sich dabei natürlich am traditionellen Gestus von Punk wie Black Metal orientiert, entwickelt sich dieses Dogma hier zum Fetisch. Auch in der Produktion des nunmehr auf Schallplatte vorliegenden Werkes wird diese Tendenz antizipiert und in einer brüchigen, regelrecht zerstört anmutenden, Akustik aufgegriffen. Die von McCoy im Alleingang eingespielten Kompositionen sind schwer differenzierbar, brachial verzerrt und lasten die Kapazitäten der Aufnahme bedingungslos aus: Das Schlagzeug ist fast nur noch über die schneidenden Becken wahrnehmbar; die Gitarre klingt droht an einigen Stellen zu kollabieren; der Gesang dominiert die Stücke und hilft die Elemente zusammenzuhalten.

Im Widerspruch zu der heruntergewirtschafteten Klangästhetik steht das Artwork der LP-Re-release von „Thousand Wounds of War“. Sowohl die dicke Außenhülle, wie die Innenhülle sind hochglanzveredelt. Der Tonträger selbst ist als wertiges 185gr Vinyl gearbeitet und genügt damit allen audiophilen Ansprüchen. All dies scheint nicht zu dem kaputten Keller-Sound passen zu wollen und erinnert irgendwie an den alten Spruch „außen hui, innen pfui“. Doch weit gefehlt, Arts verfolgen mit ihrer Ästhetik der Gegensätze eine künstlerische Strategie: In der Kollision des scheinbar Unvereinbaren wird die kapitalistische Logik auf den Kopf gestellt und für den Bereich der Kunst entwertet. Denn gerade in dem Paradox, das Album über seine Gestaltung zu einem begehrenswerten Konsumobjekt zu machen, und damit dessen subversive ‚Anti-Kunst’-Ästhetik selbst zu unterlaufen, liegt das Potential des Werkes. Black Metal wird hierbei zu einem Boutique-Produkt erhoben – anstatt seine Glaubwürdigkeit zu verlieren, stellt es damit allerdings die Glaubwürdigkeit unserer (zumindest teilweise) warenfetischistisch ausgerichteten Gesellschaft in Frage. Ganz hegelianisch negiert das Werk deren Werte, indem es sich selbst negiert. Musikalisch bleibt „Thousand Wounds of War“ damit aber immer noch ziemlich harte Kost und ist in jeder Beziehung ein kompromissloses Album.

Patrick Kilian