Auch Zwerge haben klein angefangen 4,5 / 5 Sterne Anbieter: Kinowelt Drei Filme der späten sechziger Jahren bilden für Werner Herzog eine persönliche Trilogie: FATA MORGANA, DIE FLIEGENDEN ÄRZTE VON OST AFRIKA und AUCH ZWERGE HABEN KLEIN ANGEFANGEN. All diese Filme sind in einer äußerst produktiven, von großen Reisen bestimmten Phase des Filmemachers entstanden. FATA MORGANA enthält zudem Szenen von Lanzarote, wo auch der der nun vorliegende ZWERGE-Film gedreht wurde. Zeitgenössische Kritiker interpretierten diesen bizarren, an die surrealen Happenings des Teatro Panico um Alejandro Jodorowsky und Fernando Arrabal erinnernden Film oft als Herzogs visionären Blick auf ein Scheitern der 68er-Bewegung, der hier als "Zwergenaufstand" interpretiert werde. Die Bewohner eines Erziehungsheimes in einem abgelegenen kargen Inselreich planen einen Ausflug. Aus disziplinarischen Gründen dürfen einige der kleinwüchsigen Insassen daran nicht teilnehmen. Die schmählich Zurückgelassenen nutzen die Abwesenheit der Autoritäten zum Ausbruch aus der etablierten Ordnung des Heims. Ohne einen konkreten Gegner wüten die Zwerge in ziellosen Vernichtungsaktionen. Einer der zurückgebliebenen Erzieher nimmt den Rädelsführer in Gewahrsam und verschanzt sich mit ihm. Als die Aggressionen der Revoltierenden auch untereinander zunehmen bricht der Aufstand schließlich zusammen. Die Bestzung dieses Szenarios mit durchweg kleinwüchsigen Darstellern wurde seinerzeit als Skandal empfunden. Der Film musste von Herzog selbst verliehen werden und wurde kaum öffentlich wahrgenommen. Heute kann man diesen experimentellen, düsteren Film aus angemessener Distanz wahrnehmen und einen radikalen künstlerischen Kraftakt darin entdecken. Mit völlig konträren Mitteln als in FATA MORGANA formuliert Herzog hier sein kulturpessimistisches Manifest, das auch losgelöst von dem zeitgenössischen Bezug Wirkung zeigt. Erstmals wurde für diese DVD der amerikanische Kommentar der Veröffentlichung von Anchor Bay übernommen, da hier auch der Schauspieler und Filmemacher Crispin Glover zu hören ist, der selbst eine Art Remake des Films drehte. Herzogs Ausführungen sind wie auch sonst informativ, engagiert und amüsant. So lässt sich diese Entscheidung, keinen neuen Kommentar einzusprechen, gut nachvollziehen. Auf andere Weise bemerkenswert ist der endlich wieder erhältlich Fernsehfilm DIE FLIEGENDEN ÄRZTE VON OST AFRIKA, der ungeschminkt den Alltag karitativer Ärzte darstellt, die in die unzugänglichen Regionen des afrikanischen Buschlandes fliegen, um dort Leben zu retten. Oft geschieht das unter Einsatz ihres Lebens, da Flugpisten kaum vorhanden sind. Und es ist schwierig, das Vertrauen der Stammesmitglieder zu erringen, die sich mitunter sogar vor einer Treppe ängstigen, die sie nicht kennen. Zahlreiche Missstände der Entwicklungshilfe werden aufgedeckt, das Problem der Stammesfehden scheint omnipräsent. Ein wichtiger und teilweise erschütternder Film. Alles in allem eines wichtige und sorgfältige Veröffentlichung. Marcus Stiglegger |
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