Wolf Creek 3 / 5 Sterne BESTELLEN Die britischen Touristinnen Kristy (Cassandra Magrath) und Liz (Kestie Morassi) lernen an der Westküste Australiens den Surfer Ben (Nathan Phillips) kennen. In einem alten Ford Kombi reisen sie gemeinsam durch den Wolf Creek Nationalpark, in dessen Zentrum ein riesiger Meteoritenkrater liegt. Als mitten in der verlassenen Gegend ihr Auto nicht mehr anspringt, taucht nächtliche Hilfe in Gestalt des skurrilen Truckers Mick (John Jarratt) auf. Der Mann - eine Mischung aus Crocodile Dundee und John Ryder in THE HITCHER - bietet den Jugendlichen an, sie mit seinem Truck abzuschleppen und am nächsten Tag ihr Auto zu reparieren. Doch bei Sonnenaufgang wird klar, dass Mick sie nicht gehen lassen wird. Der Urlaub wird für die Jugendlichen zum verzweifelten Kampf ums nackte Überleben. So weit, so klassisch. Ungewöhnlich in WOLF CREEK ist der extrem langsame Aufbau der Spannungsdramaturgie. Lange erleben wir die Reise der Gruppe mit, lange kündigt sich keine Bedrohung an - von einem Bullying im Truckstop abgesehen. Auch Mick erscheint zunächst liebenswert-skurril. Von daher ist der Einbruch der Gewalt auch recht überraschend. McLean behilft sich dann vor allem mit Brüchen der Erwartungshaltung. Den beiden Mädchen bleibt letztlich kaum eine Chance, dem Jäger zu entkommen. Und routiniert erledigt Mick sein Geschäft. Hier verschenkt die Inszenierung leider einige Chancen, wenn der Film auch mit malerischen Bildkompositionen zu überzeugen weiß. (Achtung: Spoiler!) Schwierig ist vor allem der Schluss, der andeutet, Ben als einziger Überlebender habe die Mädchen möglicherweise selbst getötet und die Geschichte nur erfunden. Dieser Wendung, die durchaus zeittypisch wäre, wird jedoch im Film nie vorbereitet. Was es mit den stehengebliebenen Uhren auf sich hat, bleibt auch ein unsinniger und ungeklärter Gag. Mick als Killer verfügt über jene mythische Unverwundbarkeit, die auch seine filmischen Ahnen ausmacht: Obwohl er in den Hals geschossen wurde, findet er offenbar zwischendurch noch Zeit, sein Hemd zu wechseln. Grundsätzlich macht die Inzenierung keinen Unterschied zwischen inneren und objektiven Bildern: verfinstert sich die Sonne wirklich, als Ben entkommt? War er wirklich gekreuzig? Warum hört man das Hundgebell nicht im Camp, wenn die Tier dort gehalten werden? Viele Fragen bleiben offen... Zusammenfassend lässt sich sagen, dass WOLF CREEK atmosphärisch und visuell durchaus fasziniert. McLean ist Student der bildenden Kunst, und das merkt man jeder Einstellung an. Auch die verhaltene, sehr düstere Orchestermusik ist originell und aufregend. Die Darsteller funktionieren gut - und doch fehlt es an Mut: WOLF CREEK deutet Dinge an, kann sich aber nie durchringen, konsequent zu bleiben. Ist Mick nun ein manischer Jäger oder ein Sexualtäter? Beides ist möglich, gerät aber in den Hintergrund. Wenn er sich in der letzten Einstellung auflöst: Ist er nur ein projizierte Klischeefigur des australischen Hinterwäldler, die ewige finstere Seite des Pioniers? McLeans Film leidet massiv an dramturgischen und konzeptionellen Ungeklärtheiten. Kinowelt veröffentlicht die DVD mit einem Wendecover. Zu dem Making-Of ist zu sagen, dass es angesichts seiner enormen Länge (49 Min.) eher wenig informativ ist und die Mitwirkenden sich vor allem gegenseitig loben - über dieses Stadium ist man in den USA inzwischen hinweg. Auch der Audiokommentar ist fleißig damit beschäftigt, den Zuschauer von der Brillianz der Darbietung zu überzeugen, von daher spart man ihn besser aus. Fragen nach den realen Ereignissen, die zugrunde liegen, oder nach den speziellen dramaturgischen Entscheidungen bleiben leider ungeklärt. Dafür wird uns ausführlich erklärt, dass ein Haken im Bildhintergrund ein TEXAS CHAINSAW-Zitat ist - klar... All das schränkt das Vergnügen durchaus ein. Für Genrefans ist WOLF CREEK aber einen Blick wert, zumal die DVD technisch gut ausgestattet ist und der Film ungeachtet des HD-Ausgangsmaterials brilliant aussieht. Marcus Stiglegger |
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