Winter-Folk 2006 Von Christoph Donarski Die langen Nächte des Winters lassen sich zweifellos durch die sehnsüchtigen, melancholischen Klänge der düsteren Folkmusik verschönern. Und passend dazu wurden in den letzten Wochen einige interessante und reizvolle neue Tonträger veröffentlicht, die ihren ganz eigenen Weg zwischen Tradition und Moderne suchen, die akustische Instrumentierung mitunter elegant mit elektronischen Klängen kombinieren und den Zuhörer eintauchen lassen in eine Welt des Vergessenen und Verlorenen... Bereits zu Beginn des Jahres 2006 hat das Luxemburger Projekt Rome eine MCD namens "Berlin" veröffentlicht, die in Gothic- und Folkkreisen einige Aufmerksamkeit erregte. Den dort eingeschlagenen Weg setzt man hier fort: düstere männliche Vocals, düster puslierende, manchmal martialische Rhythmen und eine verspielt-poppige Akustikgitarre entwerfen ein pessimistisches Bild von Vergangenheit und Gegenwart. Man wagt sich gar in Darkwave-Gefilde vor, was Folkpuristen wenig behagen wird. Das Digipak ist stilvoll monochrom gestaltet und tiefgeprägt, enthält aber nur minimale Informationen. Rome bleibt somit eine Projektionsfläche für Phantasien und Gedanken des geneigten Hörers. Aus Schweden kommt das Folkprojekt Sub Luna, das nun auf dem portugiesischen Label Equilibirum eine erste Doppel-CD veröffentlicht. Die enthaltenen Scheiben präsentieren einige ältere Stücke, sowie das reguläre neue Album "In the Shade of Time". Obwohl man den neuen Stücken anmerkt, dass sie kompositorisch und klanglich ausgereifter sind, bestechen die alten Demos durch einen rohen, kämpferischen Ton, der selten geworden ist in der neuen Folkszene. Man fühlt sich an frühe Sol Invictus-Stücke erinnert. Auf den neuen Stücken dominiert ein poppiger Akzent, der allenfalls auf Ostara verweist. Insgesamt bieten Sub Luna aber düsteren Folk über dem Durschschnitt. Auch wenn es nicht jeder zugeben mag: Das Label Prophecy bzw. Auerbach hat mit seiner Arbeit in den letzten Jahren maßgeblich zur steigenden Popularität der neuen Folkmusik beigetragen. Bands wie :Of the wand and the Moon:, Orplid, Neun Welten u.a. wurden von Auerbach prominent platziert und vereinen inzwischen mühelos HörerInnen aus Metal-, Gothic- und Industrialkreisen. "Legend and Lore" präsentiert in düsterromantischem Outfit "Dark Folklore and European Myths". Man strebt nach einem gutartigen Eurozentrismus - mit wehmütigen Texten, dunklen Sphären und glasklarer Gitarre. Der 8-Panel-Digipak ist wunderschön geworden und bietet zu jedem Projekt (darunter auch Subaudition, Tenhi, Vàli, Gae Bolg und Hekate) wichtige Informationen und ein Foto. Wer einen Einstieg in die Szenerie neuer Darkfolkmusik sucht, wird hier nicht erschöpfend, aber gelungen und vielseitig bedient. Duncan Patterson begann seine Karriere bei der Doommetalband Anathema und ging mit dem trippig-atmosphärischen Projekt Antimatter dann dezentere eigene Wege. Sein neues, international besetztes Projekt Íon gibt sich mit dem Debüt "Madre, Protégenos" (Equilibrium 2006) nun noch introspektiver. Es dominieren folkige Gitarrenklänge und rituelle Drums, sparsam eingesetzte Flächen und vor allem eine sphärische Frauenstimme, die durchaus poppiges Potential besitzt. Die Mischung irischer und mediterraner Elemente erinnert zuweilen an Sinéad O'Connors Hochphase, geht aber weiter. So entzieht sich diese schöne und liebevoll konzipierte CD den gängigen Genres und betritt ein melancholisch-intensives Neuland. Wohl hört man noch die Melodien aus Duncans Vergangenheit heraus, doch Íon fasziniert... Ein schönes Album für die finstere Jahreszeit. Drei mal drei Welten sind über die Weltesche Yggdrasil
verbunden. Das Konzept der „drei“ taucht nicht nur im Namen
von Neun Welten auf, sondern durchzieht
das ganze Debüt „Vergessene Pfade“: Das Album ist unterteilt
in die Abschnitte Nebelung, Nordwind und Sonnenwend mit jeweils drei Stücken
– das letzte Stück „Heidenacht“ als Bonus stört
ein wenig die Harmonie der Zahlen. Leider bleibt auch daraufhin der Bezug
der Lieder untereinander ein wenig unklar, der thematische Überbau
setzt sich nicht in den meist instrumentalen Stücken fort. Doch auch
so verfehlen die Stücke ihre Wirkung nicht: Zwischen Folk und Mittelalter
gibt es die typische Naturstimmungen wie man sie von Prophecy-Künstlern
wie Tenhi bereits kennt, die durch Flöte, Oboe und Klavier von dem
üblichen Schema ein wenig abweichen und so eine gelungene Abwechslung
zum traditionellen NeoFolk bieten. Auch durch ein Schlagzeug schafft man
ein eigene Dynamik. Am überzeugensten sind Neun Welten jedoch wenn
sie zum Gesang finden – „Svartlafheim“ erinnert an Empyrium,
„Heidenacht“ schließt das Album mit einer Art Lagerfeuer-Black-Metal.
Auch wenn hie und da noch Schachstellen auszumachen sind ist Vergessene
Pfade ein gelegenes Deübtalbum, dass auch außerhalb des Genre
Hörer finden könnte. Martin Kreischer Auch Tenhi haben sich der nordischen Mystik verschrieben, und ihre kurz nach dem letzten Album erschienene CD ‘Airut:Aamujen’ schließt an die ruhigen, atmosphärischen Passagen an, wobei hier vor allem das Piano erklingt. Leider sind die Texte hier nicht üverständlich, so lässt sich kaum etwas über die lyrischen Qualitäten sagen. Musikalisch bewegt man sich im Gewohnten, Fans wird das begeistern, anderen könnte diese melodiöse aber sehr unsprektakuläre Neoklassik weitgehend verschlossen bleiben. |
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