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Was ich von ihr weiß
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Anbieter: Renaissance Medien
Regie: Maren-Kea Freese
Buch: M.-K- Freese, Thomas Jonigk
Darsteller: Julia Richter, Alice Dwyer, Rüdiger Klink, Stefan Gebelhoff
Kamera: Michael Wiesweg
Schnitt: Ulrike Leipold
Land: Deutschland
Jahr: 2005 / DVD 2009
Bonusmaterial:Trailer, Diashow, Interviews mit M.-K. Freese, A. Dwyer,
Andreas Schäfer und Matthias Jahner (Musik), Christian Fröhlingsdorf
(Ton), Volker Schäfer (Szenenbild), Felix Farrell (Bühnentaschendieb)
Kati (Alice Dwyer) steht kurz
vor dem Realschulabschluss als ihre Oma, bei der sie aufgewachsen ist,
stirbt. Sie hat keine andere Wahl, als sich ihrer Mutter Iris (Julia Richter)
anzuschließen, die schon früh die Familie verlassen hat. Katis
liebevolle Omi war für Iris eine nörgelnde, selbstgerechte Frau,
aus deren Haus sie floh sobald es ging.
Kati will nicht bei Iris sein und Iris will Kati nicht
bei sich haben und entsprechend rauh ist der Umgangston. Aber sie versuchen
dennoch das zu sein, was sie unter einer Mutter und einer Tochter verstehen.
Dass Iris Kati statt einem Zuhause nur ein heruntergekommenes Hotelzimmer
im tristen Duisburg anbieten kann erklärt sie damit, dass sie als
Einkäuferin für wechselnde Modehäuser arbeite. In Wahrheit
ist sie eine Taschendiebin. Als Kati das heraus bekommt, ist sie gegen
ihren Willen fasziniert. Nun kommen die zwei einander ausgerechnet über
Iris kriminelle Machenschaften näher. Iris bringt Kati ihre Tricks
bei und für kurze Zeit werden sie ein Team.
Doch im Grunde möchte keine der beiden dieses Leben
führen. Sie wollen sich nicht immer weiter in verlotterten Zimmern
verstecken, ständig in Angst, dass ihre Schwindeleien entdeckt werden
könnten. Als Kati einen Ausbildungsplatz als Hotelfachfrau in Berlin
angeboten bekommt, verlassen sie das Ruhrgebiet und probieren, in der
neuen Stadt Fuß zu fassen. Doch Kati kann sich nur schwer als Lehrling
an den Hotelbetrieb anpassen und Iris ist nicht dafür geschaffen,
in einem Friseursalon Haare zu waschen...
Julia Richter und Alice Dwyer verkörpern hervorragend
die beiden Frauen, die für sich den richtigen Lebensweg suchen. Im
Grunde können sie einander dabei nicht helfen, doch am Ende können
sie sich gegenseitig Verständnis und Rückhalt bieten. Die Schauspielerinnen
gestalten diese Entwicklung fesselnd und überzeugend. Julia Richter
lügt als Iris dreist über ihren Arbeitsalltag und spielt Kati
ganze Szenen vor, die die Lüge glaubhaft machen sollen. Als sie die
Wahrheit nicht mehr leugnen kann, bringt sie mit schroffem Tonfall die
fadenscheinigsten moralischen Gründe für ihr Tun vor, nur um
vor der Tochter das Gesicht zu wahren. Alice Dwyers Kati ringt um die
Anerkennung der Mutter, wenn sie ihr vom Spanischunterricht erzählt,
weil sie weiß, dass Iris lange Zeit in Barcelona gelebt hat. Aber
sie schiebt auch ein „Oma fand´s gut!“ hinterher, weil
jede Anspielung auf die Großmutter Iris zuverlässig in Wut
versetzt. Manchmal sind die Dialoge zwischen ihnen perfekt aufgebaut.
Sie enthalten kein Wort zu viel und die beiden Schauspielerinnen schießen
die Zeilen so kurz angebunden und präzise auf einander ab („Pack
aus! Schöner wird’s nicht!“), dass sie genau den Rhythmus
der Anziehung und Abstoßung zwischen den beiden ausdrücken.
Dann wird den Akteuren wieder mehr als nötig in den Mund gelegt.
Iris müsste zum Beispiel beim Anziehen ihrer Handschuhe nicht auf
den Hollywood Star Lauren Bacall hinweisen. Die Art, wie sie sie vor jeder
neuen Herausforderung an- und danach Finger für Finger wieder auszieht,
wirkt allein schon stark genug und weckt zahlreiche Assoziationen, während
die ausdrückliche Nennung einer amerikanischen Stilikone ganz bestimmte
Bilder heraufbeschwört. Mit denen kann die kleine deutsche Produktion
nicht konkurrieren und sie hätte es auch gar nicht nötig. Denn
in seinen besten Momenten kommt der Film ganz ohne solche Verweise auf
eine größere, mondänere Welt aus. In Julia Richter sieht
man in jeder Einstellung die junge Ausreißerin, die sich ganz allein
nach Spanien aufmacht, die sich „begabt“ zeigt für die
Choreographie der kleinen Täuschungsmanöver und fließenden
Handbewegungen und die nun im Ruhrgebiet mit viel Geschick und einem Hauch
von Eleganz ihr Handwerk ausübt. Und man sieht in ihr die nicht eingestandene
Verlorenheit der älter gewordenen Iris, die sich in schäbigen
Hotels versteckt und versucht, ihr einziges schickes Kostüm halbwegs
sauber zu halten.
Dadurch, dass neben unnötig konkreten Anspielungen
auch ausgesprochen vage Skizzen stehen, fallen die Handlungsfäden
der oft so dichten Inszenierung stellenweise auseinander. Die Beziehungen
zwischen Iris und ihren Komplizen werden in eher unbefriedigender Weise
angedeutet, Katis Schulfreunde bleiben blasse Randfiguren.
Das Zusatzmaterial ist in der Tat eine Bereicherung!
Neben einem Interview mit der Regisseurin und der Darstellerin Alice Dwyer
kommen auch die Komponisten der Filmmusik, der Tontechniker, der Szenenbildner
und ein Trickdieb zu Wort. Jedem dient „Was ich von ihr weiß“
als Ausgangspunkt, um über die Anforderungen des Berufes, die persönliche
Arbeitsweise und den eigenen Anspruch zu berichten. Welche Musik passt
zu einem Werk, das die Regisseurin als „still“ bezeichnet?
Wie klingt „Klauen“? Wie könnte ein Ort gestaltet werden,
der gerade wegen seiner Kälte und Unpersönlichkeit für
eine Szene ausgewählt wurde? Die Beteiligten erläutern diese
Probleme mit so viel Eifer und lassen den Zuschauer so nachvollziehbar
am Lösungsprozess teilhaben, dass es eine Freude ist, ihnen zu zu
hören und zu sehen.
Ines Schneider
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