VERNEY 1826

Ex Libris

CD Box incl. 6-Track Bonus EP in Velvet Bag and Handwritten Postcard
Ltd.Ed. 40. Handnumbered

Die neoklassische Gothicband Verney 1826 präsentiert nach einigen kleineren Veröffentlichungen nun ein eigenständiges und gereiftes Werk, das mit filigranen Melodien, klassischen Gesangseinlagen und einem starken Konzept überzeugt: Alle Stücke auf "Ex Libris" sind von Werken der Weltliteratur inspiriert - und so schließt dieses Album an das von Verney 1826 bereits initiierte Compilation-Album "Beyond the Mirror of Time" an.

Das mit Victim's Ball zusammen erstellte Intro bietet eine stimmungsvolle Basis und bezieht sich auf die satirischen Werke von John Gay aus dem 18. Jahrhundert.

Mit "Henry IV" liegt der erste Höhepunkt des Albums vor: Zu einem eingängigen Thema entfalten die geheimnisvoll wispernden Vocals die Welt von Shakespeares ambivalenten Helden.

Mit dem auf J.R.R. Tolkien basierenden „Lúthien“ erklingt die klassische Stimme von Anna Aliena, die man bereits von vorangehenden Alben kennt. Ein schönes Liebeslied voll romantischem Pathos. Abgeklärter und düsterer kommt „To The Moon“ daher, eine Hommage an Jules Vernes "Reise zum Mond". Dieses Stück verweist auch auf eine kommende Jules-Verne-Compilation, die um die Band entsteht.

Die Gothic-Wurzeln der Band werden umso deutlicher in dem Umberto Eco gewidmeten „Penitenziagite!“ Wer Fields of the Nephilims Gothrock-Klassiker kennt, wird diesen Ausspruch aus "Der Name der Rose" bereits als Filmsample gehört haben (im ersten Track), und hier wird er sorgsam in seine Quelle zurückgeführt. Mit dezentem Piano, Spinett und lateinischen Vocals arrangiert man eine Musik, die heute selten geworden ist - eine schwarzromantische Beschwörung. Hier fällt auch der gelungene Stimmeinsatz von Lionel Verney auf.

„Mr. De Winter" und "Mrs De Winter“ knüpfen an diese Linie an und rekonstruieren die Vergangenheit der Prontagonisten aus Daphne du Mauriers "Rebecca" - soundtrackartig, mit atmosphärischen Samples, irgendwo zwischen In the Nursery und Collection d'Arnell-Andrea, geisterhaft im zweiten Fall.

Eine Graphic Novel von Akiyuki Nosaka lag „Fireflies“ zugrunde, einem Kinderschicksal aus Japan nach der Bombe. Hier dominieren asiatische Klänge und traditionelle Instrumente.

"Der Gefangene von Chillon" präsentiert eine Rezitation von Lord Byrons Gedicht, ungewöhnlich in deutscher Übersetzung und mit Spinett und Choralsamples zum Pathos gesteigert. "Alles Still" adaptiert Theodor Fontanes morbides Gedicht in männlich-weiblichem Rezitativ. „L’Eternal Adam“ kehrt dann mit postindustriellen Sounds zu Jules Verne zurück, fast martialische in den mächtigen Trommeln. "Die Ruhe vor dem Sturm" schließt das Album martialisch-düster ab - ein Sturm zieht auf am Horizont. Erfreulich, wenn es ein nächstes Werk ist, das dieses Konzept fortführt.

Auffällig an "Ex Libris" ist das komplexe instrumentelle Arrangement, die Varianz der Stimmen - die hier besser als zuvor gemischt wurden -, überhaupt das liebevolle Gesamtkunstwerk-Konzept. Man hätte sich ein aufwändigeres Booklet und Cover dazu gewünscht. Für das Label Lichterklang eine erfreuliche Neuveröffentlichung, die eine musikalische Tradition von schwarzromantischem Tiefsinn aufrecht hält, die fast vergessen scheint.

:ms: