Vania
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(gestalten Verlag) Hardcover
Wo beginnt westliche Kunst, wo östliche? Die
Beeinflussung hat längst stattgefunden, ein Entwirren, klare Grenzen
zu ziehen, ist nicht mehr möglich. Schon die Impressionisten wurden
von den japanischen Holzschnittdarstellungen der Edo-Zeit, den ukiyo-e,
stark beeinflusst und auch der russische Künstler Vania nutzt diese
Einflüsse – aber auch Symbolismus, Jugendstil und Pop-Art schlagen
sich in seinem umfangreichen Werk nieder, Dürrenmatt ist hier ebenso
zu finden wie Utamaro, Doré ebenso wie Hokusai.
Vania hat alles in sich aufgesogen, was er als Künstlersohn,
aber auch als Kunststudent über die Welt im Rahmen erlernt hat und
scheut sich nicht, aus all diesen Quellen seine ganz eigenen Visionen
zu formen. Es sind Bilder voller wuchtiger Symbole und dunklem Fatalismus.
Liebliche Lolitas mit einem verführerischen Blick werden geschändet
von düsteren Dämonen oder grässlichen Greisen - eine gewisse
Lust an Sadomasochistischem spricht aus den Darstellungen, so gibt es
auch Verweise auf die japanische Kunst des Fesselns, dem Shibari.
Schöne Frauen im Angesicht des Schreckens ist
ein oft verwendetes Topos des Künstlers – mal werden sie auf
Knochen gebettet oder zeigen ihre geöffneten Leiber, die in ihrer
Ordentlichkeit an Anatomiestudien erinnern. Monochrome Farben herrschen
vor und die Artefakten stecken voller Mystik, russischer Folklore und
dunkler Energie – nicht umsonst ist in dem Band der Dichter E.A.
Poe gleich mehrmals präsent.
Eine schwarze Romantik ohne den Camp des Gothic, ohne
kitschige Standards, dafür aber reich an Tradition und einem Bewusstsein
der vergangenen Kunstepochen sowie der damit verbundenen großen
Namen. Es sind poetische Werke voller Eros und Thanatos, welche oft an
Beardsley oder die späteren alptraumhaften Skizzen von Goya erinnern
oder sich in den reichen Verzierungen eines Klimt verlieren.
Einiges mag hier rein ästhetizistisch wirken, zudem
entsteht durch die die Masse an unterschiedlichen Stilistiken über
den ganzen Band gesehen eine gewisse Heterogenität – das stört
die kraftvolle Wirkung der Bilder nicht, die gekonnt die Brücke zwischen
West und Ost schlagen, alle Stile und Traditionen wie selbstverständlich
harmonisch verschmelzen. Eine eindrucksvolle Werkschau.
Martin Kreischer
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