|
Until the light takes us (DVD)
BESTELLEN
Ein kurzes Aufflackern, dann war es auch schon vorbei.
Der Black Metal hatte einen kurzen, heftigen Aufstieg und danach einen
langen Abstieg in die Belanglosigkeit, die Wiederholung des Immergleichen.
Anfang der 90er, vor genau 20 Jahren, war Black Metal ein Versprechen
von Authentizität, Mystizismus und einer Jugendrevolte – heute
ist davon nur noch der Versuch übrig, die Musikmuster der bekannten
Formationen zu wiederholen, zumindest im traditionellen Bereich, während
der Post-Black-Metal tatsächlich neue Ausdrucksformen sucht.
Wer sich mit der Musikrichtung auseinandersetzen will, ist
zunächst mit dem Standardwerk Lords of Chaos gut beraten –
mit Until The Light Takes Us ist nun eine Dokumentation erschienen, die
den Faden aufnimmt und visuell weiterspinnt. Dabei ist die nüchterne
Herangehensweise, die stille und zurückgenommene Haltung der Regisseure
Aaron Aites und Audrey Well nicht immer von Vorteil. Kein Kommentar verbindet
die einzelnen Szenen, lediglich die Protagonisten werden mit Namen benannt
und ihnen wird Raum gegeben, ihre eigene Geschichte zu erzählen.
Das ist nicht immer ganz schlüssig, denn ein objektives Korrektiv
fehlt, was besonders bei Varg Vikernes, dem musikalischen Kopf hinter
Burzum, auffällt. Er gilt als einer der Schlüsselfiguren der
Black-Metal-Szene, wird er doch durch seinen kaltblütigen Mord an
Øystein Aarseth und diverse Kirchenbrände als Kultperson der
Szene verehrt, steht damit für die zwingende Authentizität des
Black-Metal-Kosmos, die in ihrem nihilistischen Duktus dem Menschenleben
keinen Wert beimisst. Dabei ist Vikernes Sichtweise jedoch höchst
verfremdet, seine Darstellungen und seine Erinnerungen formuliert er im
Bewusstsein der eigenen Stilisierung – Until the Light Takes Us
setzt unglücklicherweise den weit weniger charismatischen und wortwörtlich
blassen Fenriz als Gegenfigur des Black Metal, der mit seiner Band Darkthrone
zwar Bahnbrechendes erschaffen hat, jedoch nie zu einem reflektierten
Standpunkt über seine eigene Stellung gelangt ist. So begleiten wir
ihn in sein unaufgeräumtes Zimmer oder sehen ihn bei einem Interview
mit einer Metal-Zeitschrift – Banalitäten eines Metal-Musikers,
wie sie auch für andere Stilrichtungen gelten und daher weder helfen,
sich dem Black Metal zu näheren, noch einen philosophischen und weltanschaulichen
Gegenpol zu den rassistischen Äußerungen von Vikernes bilden.
Natürlich ist das bewusst entzaubernd, aber auch schlicht und einfach
stellenweise ermüdend langweilig. Das liegt an der Unentschlossenheit
der Regisseure: Für Kenner bietet Until the Light Takes Us kaum neues
Material, die typischen Blubberblasen eines Vikernes sind ebenso bekannt
wie die schnodderige Haltung mit Rock’n’Roll-Ummantelung eines
Fenriz.
Für Uneingeweihte hingegen fehlt der Gesamtüberblick,
eine Einordnung, um Zusammenhänge besser zu verstehen. Insgesamt
ist Until The Light Takes Us eine essayistische Annäherung an das
Phänomen Black Metal, die jedoch am Ende genauso ratlos vor ihrem
Gegenstand steht wie zu Beginn und damit nicht wirklich dem Thema eine
neue, faszinierende Note abringen kann. Der Blitz am nordischen Himmel
– er wird weiterhin ein einzigartiges Schauspiel bleiben.
Martin Kreischer
|