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Die Tom Tykwer Collektion-Box
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Boxset enthält neun DVDs in sieben DigiPaks,
eine Audio-CD mit Filmmusik und einem 12-seitigen Booklet. Erstmals auf
DVD zugänglich gemacht werden die Kurzfilme “Because”
[BRD 1990] und “Epilog” [BRD 1992], außerdem die Spielfilme
“Die tödliche Maria” [BRD 1993] und “Winterschläfer”
[BRD 1997]:
“Die tödliche Maria” [BRD 1993, Tom Tykwer]
Bonusmaterial
- Audio-Kommentar mit Tom Tykwer und Kameramann Frank Griebe
- Making-of
- Storyboard/ Film-Vergleich
“Winterschläfer” [BRD 1997, Tom Tykwer]
Bonusmaterial
- Audio-Kommentar mit Tom Tykwer und Kameramann Frank Griebe
- Making-of
- Tom Tykwer dreht “Winterschläfer”,
- Heino in den Seilen
“Lola rennt” [BRD 1998, Tom Tykwer]
Bonusmaterial
- Audio-Kommentar mit Tom Tykwer und Kameramann Frank Griebe
- Audio-Kommentar mit Tom Tykwer und Cutterin Mathilde Bonnefoy
- Making-of
- Musik-Video WISH (Komm zu mir)
- Teaser
- Trailer
“Der Krieger und die Kaiserin” [BRD 2000, Tom Tykwer]
Bonusmaterial
- Trailer
- Teaser
- Informationen über Stab und Besetzung
- 2 Audio-Kommentare mit Tom Tykwer/ mit Frank Griebe und Mathilde Bonnefoy
- Exklusive Dokumentation
- 2 Hintergrund-Dokumentationen “Über den Schnitt und entfernte
Szenen”, “Special Effects”
- Entfernte Szenen
- Musik-Video “You Can’t Find Peace”
- “Hinter den Kulissen” des Drehs zum Musik-Video
- Tonspur mit Soundtrack-Auszug “Opening”
- Storyboard/ Film-Vergleich
- DVD-ROM-Specials mit Weblinks und Zugriff auf das ungekürzte Drehbuch
“Heaven” [BRD / I / USA / F / GB 2002, Tom Tykwer]
Bonusmaterial
- Kinotrailer
- Audio-Kommentar mit Tom Tykwer
- Nicht verwendete Szenen mit anwählbarem Kommentar von Tom Tykwer
- Interviews mit Cate Blanchett, Giovanni Ribisi, Tom Tykwer, Sydney Pollack,
Anthony Minghella, William Horberg und Maria Köpf
- Spacecam-Flight “Der Himmel über der Toskana”
- Hinter den Kulissen
- Making-of
- Fotogalerie
“Das Parfum - Die Geschichte eines Mörders / Perfum: The Story
of a Murderer” [BRD / F / E / USA 2006, Tom Tykwer]
Bonusmaterial
- Darstellerinfos
- Audio-Kommentare
- Making-of
- Interviews
- Motivsuche
- Visualisierung der Gerüche
- Kameraarbeit
- Deutsche Synchro
- Mischung Originalversion
- Die Düfte zum Film
Kurzfilm “Because” [BRD 1990, Tom Tykwer]
Kurzfilm “Epilog” [BRD 1992, Tom Tykwer]
Kurzfilm “True” [F / BRD 2004, Tom Tykwer]
Dokumentation “Im Freien Fall - Tom Tykwer und das Kino” [BRD
2004, Larissa Trüby]
Nach der großen Wolfgang-Petersen-Box kommt
nun ein anderer populärer deutscher Regisseur zu Ehren, der mit LOLA
RENNT zweifelos einen der international einflussreichsten Filme der 1990er
Jahre inszeniert hat. Die vorliegende Tom Tykwer-Box mit 9 DVDs ermöglicht
nun einen einmaligen Überblick über das Gesamtwerk des noch
immer jungen Regisseurs. Das reicht von den frühen Kurzfilmen bis
zu der internationalen Prestigeproduktion DAS PARFUM.
Von größtem Interesse ist natürlich die
Bonusdisc mit den Kurzfilmen und einer aufschlussreichen Doku sowie die
Premieren DIE TÖDLICHE MARIA und WINTERSCHLÄFER. Das erklärt
sich aus einem erstaunlichen Phänomen, das bei erneuter Sichtung
der Filme eintritt: fast alle wichtigen Elemente sind dort bereits enthalten.
Die eigentliche Kraft von Tykwer Kinematografie, der Überschwang
und zugleich die Idee der Langsamkeit ist hier bereits deutlich präsent.
Das fällt in dem eher typischen Filmstudentenwerk BECAUSE (1990)
bereits auf: Tanja und Martin sind Ende Zwanzig und ein Paar. Man trifft
sich spät zuhause im gemeinsamen Bett. Drei Varianten eines Streitgesprächs
werden durchgespielt, und jedesmal wechseln die Positionen von Täter
und Opfer, Schuld und Unschuld, Vertrauen und Zweifel. Offensichtlich
stammte die Idee von LOLA RENNT aus dieser Frühphase, wenn auch hier
noch als Kammerspiel gelöst. Sex gibt es bei Tykwer wenig, meist
zerreiben sich die Partner in Streitgesprächen - so auch hier. So
ist BECAUSE sicher kein frühes Meisterwerk, aber ein erstaunlicher
Einblick in die Entwicklung des Filmemachers. Auch EPILOG (1992) trägt
solche Züge der Varianten. Hier bezieht man sich allerdings bereits
deutlich auf Genrestrukturen und arbeitet mit aufwändigen Kamerafahrten,
die das statische Geschehen dramatisieren: Diese Geschichte eines Mannes,
der von seiner Erinnerung betrogen wurde, gipfelt in einem wiederholten
Mord im Affekt - ein kleines Film Noir-Zitat, wenn man will.
Der dritte Kurzfilm ist dann aus dem jahr 2004 und entstand
für die Kompilation PARIS, JE T'AIME. Als seinTelefon klingelt, schreckt
der blinde Thomas auf und tastet nach dem Hörer. Es ist Francine,
seine Freundin (Nathalie Portman). Sie sagt ihm, dass sie ihn verlassen
wird. Seine Gedanken rasen in einem Bildersturm durch die gemeinsamen
Erinnerungen. Doch Thomas erhält eine zweite Chance. Auch hier spielt
Tykwer mit Möglichkeiten, erschöpft sich jedoch in einer etwas
banalen Pointe. Immerhin trägt Nathalie Portman als eine der spannendsten
Schauspielerinnen ihrer Generation den Film mit.
Mit dem Psychodrama DIE TÖDLICHE MARIA näherte
sich Tykwer seinem Idol Roman Polanski an, indem er Elemente von EKEL
und DER MIETER integrierte. Marias (Nina Petri) Leben verläuft ohne
Zwischenfälle. Allerdings auch ohne Freude. Ihr Mann ist ein Pünktlichkeitsfanatiker.
Ihr Vater ist boshaft. Sonst kennt Maria keinen. So lebt Sie vor sich
hin, sorgt für Ordnung und sammelt Insekten. Doch eines Tages passiert
das Ungeheuerliche: Sie verliebt sich. Das ist wunderbar. Aber es ist
auch ein Albtraum, der in einer bizarren Geburtsszene gipfelt. So nah
war Tykwer nie wieder am Horrofilm. In der Dokumentation
“Im Freien Fall - Tom Tykwer und das Kino”, die einen Einblick
in Tom Tykwers filmischen Kosmos gibt, erinnert sich das Team an die schwieirgen
Umstände, diesen vom ZDF Fernsehspiel koproduzierten Film quasi nebenbei
zu realisieren.
Ein weiteres vergessenes Highlight ist der düstere
Beziehungsthriller WINTERSCHLÄFER mit Heino Ferch und der jungen
Laura Tonke. Hier erreicht Tykwers Filmkunst einen ersten Höhepunkt
von internationalem Format - ohne die Verspieltheit von LOLA, der rückblickend
eher wie ein etwas naiver Jugendfilm anmutet. Die Dokumentation betont
zudem, dass LOLA RENNT als notwendiges kommerzielles Projekt für
die angeschlagene Firma X-Filme gedacht war. Die internationale Resonanz
überraschte eher. Dass gerade der Nachfolgefilm DER KRIEGER UND DIE
KAISERIN einige enttäuschte, mag an dem Missverständnis liegen,
gerade die naive Verspieltheit von LOLA als Tykwers Stil zu identifizieren.
Doch auch DER KRIEGER ist ein technisch versponnener und etwas verrückter
Film - ein potentieller Kultfilm, dessen Potential bis heute kaum entdeckt
wurde.
2002 verfilmte Tykwer dann ein schon länger kursierendes
Drehbuch aus dem Nachlass von Kieslowski: HEAVEN. Der Film spielt in Turin.
Vier unschuldige Menschen fallen einem Attentat zum Opfer. Widerstandslos
lässt sich die Englischlehrerin Philippa (Kate Blanchett) festnehmen.
Sie leugnet nichts - und ist am Boden zerstört. Denn ihr Ziel war
ein anderer, ein Drogendealer, der ihren Mann und viele ihrer Schüler
auf dem Gewissen hat. Die Polizei beharrt auf einem politischen Motiv.
Nur ein junger Polizist schenkt der Engländerin Glauben, denn insgeheim
ist er fest davon überzeugt, dass sie füreinander geschaffen
sind. Er entwirft einen Plan, der ihr die Freiheit zurückgeben soll
- um jeden Preis. Hier wird Tykwers Hang zum Melodrama überdeutlich.
Und mehr noch: der elegische Stil sucht immer wieder Bilder der Transzendenz,
sucht das Heilige im Licht. Auch HEAVEN ist ein übersehener Film,
der neu entdeckt werden kann.
Ausgiebig diskutiert wurde dagegen die Süßkind-Verfilmung
DAS PARFUM, die zugleich wie alle Eichinger-Produktionen eher die Handschrift
des dominanten Produzenten trägt, auch wenn einige audiovisuelles
Eskapaden deutlich auf Tykwers früheres Kino der Sinne verweisen.
Insgesamt bleibt das etwas beliebig und - schon agesichts der logistischen
Größe - gefällig und mit Blick aufs Massenpublikum. Nicht
nur entstammt der Film einem anderen Label, er weist auch das umfangsreichste
Bonusmaterial auf. Kein zusätzliches wohlgemerkt im Vergleich zur
bekannten Special Edition.
Warner ist mit der Tom Tykwer-Box ein reizvolles Sammlerstück
gelungen, dass einen neuen und intensiveren Blick auf das Werk eines noch
immer aufstrebenden Filmemacher gewährt. So kann es nur als Zwischenstation
gelten - steht doch das neuste Werk des Regisseurs kurz vor dem Kinostart.
Mögen viele weitere folgen...
Marcus Stiglegger
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