Tribe of Circle
Children of a Weakened God
BESTELLEN
(HR/Tesco 2006) CD 10 Tracks
Der Blutharsch
Live in Copenhagen
(WKN 2006) CD
Der Blutharsch
The Pleasures Received in Pain
(WKN 2006) CD Neuauflage
Tribe of Circle ist neben
Labelchef Der Blutharsch einer der absoluten
Vorreiter neoklassisch orientierter Martial-Ritualmusik. Wesentlich rhythmischer
und bombastischer als die Wiener hat sich das französische Einmann-Projekt
mit zwei CDs und einigen überzeugenden Liveauftritten etabliert und
legt nun sein zweites Album auf Hauruck! vor. Um es kurz zu machen: Es
hat sich nichts verändert - die Fans werden begeistert sein. Originalität
ist hier jedoch kaum zu finden. Nicht schlimm, denn immerhin bewegt man
sich in der Affirmation apokalyptischer Weltsicht - zwischen Kulturkampf
und Religionsrenaissance... "Children of a Weakened God" bezieht
sich bereits im Titel auf die geschwächte Position eines christlich
geprägten Abendlandes im Konflikt mit einem fanatisiert-muslimischen
Orient. Auch eine Fortsetzung des prägnanten Stückes "Coranic
Submission" von Vorgänger findet man folglich hier (Track 6).
Auch sonst nehmen englische und französische Texte deutlichen Bezug
zum Untergang der alten Kulturen, ohne in ideologische Fallen zu tappen.
Von reaktionärem Gedankengut sagt man sich in den Linernotes deutlich
los.
Es beginnt bombastisch-sinfonisch, und setzt sich weitgehend
auch so fort... "Land of Fallen Suns" beherrscht noch ein schleifender
Darkambient-Loop, der langsam in Orchesteranstrum mündet. "Si
Vis Pacem" fährt dann die beliebten TOC-Tribal-Drums auf, die
sich zu orgiastischem Tempo steigern. Der Titeltrack bleibt leider dem
Choralloop etwas eintönig verhaftet. Ein finsterer Text wird dazu
gegrummelt und kann im Booklet gelesen werden. Auch "Algolagnia"
verharrt auf einem Basisloop, der sich aber zum Orchestercreszendo steigert.
"Alea jacta es" verharrt dann etwas - wie ein unheimlicher Apendix
zum vorangehenden Stück. "Coranic Submission 2" fährt
mit allen thematisch verfügbaren Sounds auf, liefert Reden, Jubeln,
Marschrhythmen und einen unvergleichlich martialischen Eindruck. Dieses
Stück dürfte sogar Clubtauglich sein... Kommt darauf an, wo
man ausgeht...
Auf einem Lied des umstrittenen Chansoniers Léo Ferré
basiert "Frères Humains", ein monotoner Loopscape mit
düsterem französischem Sprechgesang. Anstrengend. "Tabula
Rasa", ein getragenes, pessimistisches Lied, könnte aufgrund
der Mitwirkung von Simone von Spiritual Front
zu den Highlights gehören, entpuppt sich aber leider als ebenso ermüdend.
Zudem fällt hier umso mehr der breiige Sound der CD auf, der meist
etwas flach und ohne nennenswerte Stereoeffekte auskommt. Die letzten
beiden Tracks heben dann das Niveau deutlich und erklingen als virtuelle
Filmmusiken mit prägnanten Streicherparts und im zweiten Fall zu
desillusionierten Vocals.
Insgesamt ist das neue Album von TOC ästhetisch
erfreulich, wenn auch die Bewahrung des Bewährten. Eine Nummer Sicher
- für Musiker und Publikum. Keine wirklich neuen Aspekte, dafür
ein gelungener Digipak mit den erwarteten Soundtracks zum Untergang. Solide
und für Fans empfehlenswert.
Längst ein Klassiker dieser Musikrichtung ist "The
Pleasures Received in Pain", ein im nachhinein oft diskutuiertes
Military-Industrial-Pop-Album, einst das zweite von Der
Blutharsch. Statt der braunen Prägeschrift des Originalcovers
finden wir hier nun Goldprägung bei den Buchstaben. Die Musik wurde
nicht verändert, bleibt roh und vielschichtig, manchmal irritierend,
manchmal schräg, aber immer unterhaltsam. Ein
Stück Undergroundmusik-Geschichte.
Ob man das für die aktuelle Liveaufnahme von Der
Blutharsch aus Kopenhagen auch sagen muss, ist noch fraglich. Wer
diese Tour live erlebt hat, wird sich wohlig an den rauhen Rockcharme
der Versionen hier erinnern. In der Tat bekam die rein live orientierte
- sprich: samplefreie - Darbietung den Stücken sehr gut. Es muss
jedoch gesagt werden, dass die fast effektfreien Stimmen dieser Aufnahme
zugleich den äußerst schrägen Charakter des Gesangs unterstreichen.
Hier hätte man mehr herausholen können. Für Fans eine zweifellos
empfehlenswerte und wichtige Dokumentation der "Farewell"-Tour,
für Einsteiger jedoch eher gewöhnungsbedürftig... Außer
dem Stück "Vaterland" wurden hier politische Bedenklichkeiten
ausgespart, was vormutlich auch auf die massive Mitwirkung von Bain
Wolfkind und Graumahd zurückgeht,
die mit ihren Projekten völlig andere Wege gehen und eine breitere
und wohlwollendere Rezeption der oft diskutierten 'Keimzelle' Blutharsch
ermöglichten... Kein falscher Weg, würde ich sagen...
MaNic
|