DVD Edition Monika Treut
Absolut
Medien (Berlin)
Stets hat Monika Treut die sinnliche Erfahrung und
Lust in den Vordergrund ihrer Filme gerückt, verbunden mit einem
subtilen Humor und einer großen Zärtlichkeit für ihre
Akteure.
Frédéric Strauss, Cahiers du Cinéma
DVD
Covers
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Wenn man die deutsche Filmemacherin Monika Treut auf ihre
vermeintlich augenfällige Vorliebe für alternative Sexualität
und bizarre Körpertechniken der postindustriellen Gesellschaft anspricht,
reagiert sie mit Unverständnis. Der Mensch stehe bei ihrer Arbeit
im Zentrum, der ganze Mensch, nicht nur diese einzelnen Bereiche. So können
Phänomene und individuelle Ausdrucksformen wie Sadomasochismus, Transsexualität
oder auch bedingungsloses soziales Engagement über die Klassengrenzen
hinweg (wie in ihrem neues Film KRIEGERIN DES LICHTS) gleichberechtigt
in den Mittelpunkt ihrer Werke treten. Auch der Focus auf Amerika war
wohl eher eine temporäre Reaktion auf die progressiven Tendenzen
Mitte der neunziger Jahre. Ein Film wie GENDERNAUTS (1999) könnte
heute - unter der gegenwärtigen Bush-Administration - so nicht mehr
entstehen. Monika Treut selbst war jahrelang Dozentin an amerikanischen
Universitäten, doch in den letzten Jahren gibt es keine Einladungen
mehr: subversive und bedingungslos ehrliche QuerdenkerInnen sind dort
nicht mehr gefragt. (Die Rapper von Consolidated! nannten das Phänomen
dieser schleichenden intellektuellen Gleichschaltung Amerikas schon vor
zehn Jahren "friendly fascism".) So ist es durchaus traurig,
dass einige der Dokumentar- und Spielfilme Frau Treuts heute eher als
historische Dokumente einer einst aufregenden gesellschaftlichen Veränderung
betrachtet werden müssen.
Das kleine aber feine Berliner Label absolutMEDIEN
hat jüngst mit einer umfangreichen DVD-Edition von Monika Treuts
Filmen begonnen, die in großzügig ausgestatteten Versionen
vorliegen:
VERFÜHRUNG - DIE GRAUSAME FRAU (1985), 84 Minuten
Zusammen mit Elfi Mikesch inszenierte Monika Treut diesen experimentellen
Spielfilm als Variation auf Leopold von sacher-Masochs Roman "Venus
im Pelz". Die Hauptrollen dieses rituellen Dramas um sexuelle Dominanz
und Unterwerfung spielen Mechthild Grossmann und Kultstar Udo Kier, in
einer Nebenrolle ist Kunstprofessor Peter Weibel (!) als Toilettensklave
zu sehen. Einer der wichtigsten und originellsten Spielfilme
zum Thema Sadomasochismus liegt hier in einer adäquaten 4:3-Abtastung
vor (Originalformat), zusammen mit einem Interview mit der Filmemacherin
und Trailern zu all ihren Filmen. Diese Scheibe ist zugleich der beste
Einstieg ins Werk.
DIE JUNGFRAUENMASCHINE (1988), 84 Minuten
Diese in rauhem Schwarzweiß gedrehte Tragikomödie erzählt
von der Suche einer Journalistin, die auf der Suche nach der romantischen
Liebe von Hamburg nach San Francisco reist, wo sie sich in der lesbischen
Szene wiederfindet. Stilistisch an die frühen Filme der Nouvelle
Vague angelehnt machen sich hier bereits spätere Tendenzen der Filmemacherin
bemerkbar: Sie arbeitet halbdokumentarisch mit Menschen, die sich selbst
und ihre lebensumstände darstellen. Aus diesem Kontext stammen auch
die amüsanten Recherchevideos, in denen u.a. Susie Sexpert ihre Dildosammlung
erläutert. - Nebenbei ist interessant, dass die slowenische Industrialgruppe
Laibach mit ihrem Stück "Die Liebe" leitmotivisch vertreten
sind. Laibach hatten damals gerade ein Engagement in Hamburg bei Peter
Zadeks Aufführung von "Macbeth", so kam es seinerzeit zum
Kontakt mit der Filmemacherin.
MY FATHER IS COMING (1991), 90 Minuten
Noch entspannter geht diese Komödie vor, in der Vicky, eine deutsche
Emigrantin in New York, Lügengeschichten ihres Erfolges nach Hause
weiterleitet, bis ihr Vater vor der Tür steht. Hier taucht bereits
die Sexualperformerin Annie Sprinkle auf, deren Geschichte Monika Treut
noch in späteren Filmen verfolgen wird.
FEMALE MISBEHAVIOR (1992), 80 Minuten
Diese Dokumentarkompilation verbindet vier Kurzfilme über "ungezogene
Frauen": die lesbische Sadomasochistin Carol, Annie Sprinkle, die
postfeministische Theoretikerin Camille Paglia und die transsexuelle Indianerin
Max stellen sich und ihre Ansichten in teilweise experimentellen, teilweise
intervieworientierten Essays vor. Wer Frau Paglia von dem Kommentar der
BASIC INSTINCT-DVD (Kinowelt) kennt, hat eine Vorstellung, welches Vergnügen
ein Interview bereiten kann.
DID'NT DO IT FOR LOVE (1997), 80 Minuten
Ein weiterer Porträtfilm ist diese essayistische Dokumentation über
die vielen Leben der Eva Norvind, die als Showgirl in Paris, als Filmdiva
in Mexiko und schließlich als Domina in New York tätig war
(und ist). Dieser Film kann prototypisch für Monika Treuts sehr privaten
Zugang zum Medium Dokumentarfilm betrachtet werden.
GENDERNAUTS (1999), 86 Minuten
Diese auf vielen Filmfestivals gezeigte und gefeierte Dokumentation gewährt
einen Einblick in das Leben einiger Transgender-Individuen im San Francisco
des ausgehenden Jahrtausends. Verortet zwischen männlichem und weiblichem
Geschlecht arbeiten diese Menschen an einer 'dritten Identität',
die sie auf unterschiedliche Weise ausleben. "Sie sind Geschlechtsnomaden,
deren Identität aufgelöst wird." (Pressetext) Diese DVD
ist allen an alternativer Sexualität Interessierten ans herz gelegt,
enthält sie doch neben dem Film ausführliche Essays, ein langes
Interview mit Monika Treut sowie einen Vortrag der im Film vorkommenden
Professorin Sandy Stone.
KRIEGERIN DES LICHTS (2001), der aktuellste Film, ist bislang
nicht auf DVD erschienen und läuft auf zahlreichen Festivals weltweit.
Marcus Stiglegger
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