TRAUTES HEIM

Anbieter: Gegenfeuer Produktionen
Regie: Mikko Linnemann
Bild: 4:3 Letterbox
Audio: Stereo 2.0
Laufzeit: 12 Minuten
Bonus: Trailer, Storyboard, Hinter den Kulissen
Stab: R/DB/P: Mikko Linnemann. K: Markus Rave. M: Tim Reinfrank. D: Frank ferner, Sabine Kämper, Leyla Beil.

Eine bürgerliche Reihenhaussiedlung - fast noch im Zustand von Musterhäusern. Scharf geschnittene Hecken, weiße Flächen - ein bourgeoiser Traum von Sauberkeit und Ordnung durchsetzt dieses Ambiente. Umso verstörender erscheint jene schwarzgekleidete Gestalt, die unvermittelt das Bild betritt - eine Sturmmaske in der Hand... Mit diesen bewusst irritierenden Bildern beginnt der dritte Kurzfilm des Mainzers Mikko Linnemann, der mit seiner eigenen Firma Gegenfeuer-Produktionen bereits mit dem utopischen Apokalypse-Szenario LA FIN DU TEMPS (2001) und dem Psychothriller NEC CURO (2002) die Ambition kritischer, düsterer und schwieriger Stoffe bewies. An dieses Konzept schließt der Gegenwartsfilm mit dem ironischen Titel TRAUTES HEIM nahtlos an.

Der als biederer Bürokaufmann inszenierte Herr Baumgart (Frank Ferner) kommt abends nach Hause in sein vorstädtisches Traumhaus. Seine Frau (Sabine Kämper) empfängt ihn freundlich, beide betrachten einen Ikea-Katalog. Die Eheleute sind bester Dinge, denn ein ersehnter Kredit wurde gerade von der Bank bewilligt. Dann sieht Baumgart nach seiner schlafenden kleinen Tochter (Leyla Beil). Mit einem Mal bricht das Grauen ein ins "Traute Heim": Der Maskträger vom Anfang taucht unvermittelt im Haus auf, beginnt Baumgart zu bedrängen. Doch es scheint kein Entkommen zu geben. Nacheinander fällt die Familie dem Homeinvader zum Opfer. Am Ende hängt Baumgart an einer Drahtschlinge in seinem Traumhaus...

Der Titel erscheint. Doch Linnemanns Film ist noch nicht zu Ende: In völlig anderer Atmosphäre und Farbigkeit erzählt er die Geschichte noch einmal - doch diesmal nimmt sie eine andere Wendung.

Grundsätzlich ist es zu begrüßen, dass immer wieder Kurzfilmregisseure risikieren, von ihrem Publikum volle Aufmerksamkeit zu fordern, Brüche mit der Erwartung in Kauf zu nehmen, die Dramaturgie zu verschachteln und schlicht unbequem zu werden. Auf Kurzfilmfestivals, die auf die schnelle Unterhaltung des gespielten Witzes schielen, haben solche Werke wenig Chancen. Meist sieht man dort technisch hervorragend umgesetzte Miniaturunterhaltung - aktive Bewerbungen um einen Job als Serienmacher. So ist TRAUTES HEIM ein deutliches Zeichen in Richtung eines selbstbewussten, künsterlischen Kinos, das sich seiner aufwändigen Technik (u.a. lange Steadycamfahrten) stets zielgerichtet bedient. Leider bleibt der Film hier manchmal hinter seinen Möglichkeiten zurück. Schauspieler, Kamera und Idee geben erheblich mehr her, als der oft etwas aufdringliche Musikeinsatz und die etwas holprige Montage zulassen. Natürlich handelt es sich nicht mehr um ein Amateurprodukt, aber die Inszenierung unterstreicht leider gelegentlich allzu sehr die Deutlichkeit der Metaphern. Es fehlt etwas das Antibourgeois-Subversive eines Film wie FUNNY GAMES, der auf einen änhlichen Aspekt hinaus will...

Dennoch ist TRAUTES HEIM einen Blick wert, ebenso wie die Vorgängerfilme, die sich auf der Homepage www. gegenfeuer-produktionen.de herunterladen lassen. Und angesichts der oben geschilderten Tendenzen im Kurzfilmsektor ist ein solches künstlerisch und politisch motiviertes Unternehmen rar und lobenswert.

Marcus Stiglegger