Die Todeskarten des Dr. Schreck

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Label: Wicked Vision
Laufzeit: 98 Minuten
Regionalcode: B
Produktionsjahr: 1965
Produktionsland: UK
Regie: Freddie Francis
Bildformat: 2,35:1 (1080p)
Ton: Deutsch, Englisch (DTS-HD Master Audio 2.0 Mono)
Untertitel: Deutsch, Englisch
Extras:
Vorwort von Dr. Rolf Giesen, Audiokommentar von Freddie Francis, Audiokommentar von Dr. Rolf Giesen und Uwe Sommerlad, „House of Cards“: brandneue Dokumentation von Jake West (58 Min.), Deutsche 35mm-Kinofassung, Deutsche Titel- und Endsequenz, Deutscher Kinotrailer, Originaltrailer, Italienischer Kinotrailer, Internationale Titel- und Endsequenzen, Bildergalerien, Werberatschläge, Programm- und Pressehaft, Amicus-Filmografie

Episodenfilme sind im Horrorgenre sehr beliebt. Lässt sich doch durch das Aufeinanderfolgen eigenständiger Kurzfilme, die durch eine Rahmenhandlung verknüpft werden, auf unterschiedliche Art und Weise Schrecken erzeugen. Die Spannbreite des Horrors mag so mitunter klassische Gruselelemente mit modernen Szenarien in Einklang bringen, ohne dabei anachronistisch zu sein. „Die Todeskarten des Dr. Schreck“ (Orig.: Dr. Terror's House of Horrors) von Regisseur Freddie Francis ist das Beispiel einer Sammlung filmischer Short-Stories, die unterschiedliche Teilbereiche von Horror ausloten und diese auf individuelle Weise präsentieren.

Der Film beginnt in einem Zugabteil. Dort treffen sich scheinbar zufällig fünf Reisende, die sich niemals zuvor gesehen haben. Zu diesen Männern gesellt sich auch ein mysteriöser Fremder, der sich alsbald als ein Wahrsager mit Hilfe seiner sehenden Karten entpuppt. Dieser Mann, der sich als Dr. Schreck vorstellt, legt jedem der Reisenden auf eigenen Wunsch die Karten, um jeweils den Blick in eine mögliche Zukunft zu werfen. Die Ergebnisse sind erschreckend: Jedem der Männer steht ein grauenvolles Schicksal bevor. Es gibt nur einen Ausweg, diesen düsteren Prophezeiungen zu entgehen – den Tod.

Die englische Filmfirma Amicus Productions gilt filmhistorisch als Konkurrenzunternehmen zu den bekannten britischen Hammer-Studios, die besonders in den sechziger und siebziger Jahren wahre Klassiker von Gothic-Horror-Werken schufen. Darsteller wie Christopher Lee oder Peter Cushing gehören zu den weltbekannten Mimen dieser legendären Filmschmiede. Im Vergleich zu Hammer genießt Amicus einen weniger renommierten Status, ist in erster Linie vor allem Filmfans ein Begriff und wird zuweilen gar mit dem 'großen Label-Bruder' verwechselt bzw. gleichgesetzt. Die individuellen Charakterzüge der rührigen Firma fallen dabei gerne unter den Tisch.
Im Gegensatz zu den Hammer-Studios, die sich vornehmlich der Adaption klassischer Vorlagen aus der englischsprachigen Schauerliteratur verschrieben hatten, fokussierte sich Amicus besonders auf Episodenfilme, in denen sowohl traditionelle Gruselmotive als auch moderner Horror gleichwertig nebeneinander existierten. Atmosphärischer Grusel im Stil der Gothic-Novel als auch moderner Trash basierend auf einschlägiger Pulp-Literatur treten als feste Einheit auf, ohne sich gegenseitig auszuschließen oder in einen Wettstreit zu treten. Neben Beispielen wie „Totentanz der Vampire“ oder „Asylum“ ist besonders „Die Todeskarten des Dr. Schreck“ derjenige Film, der in diesem Kontext zu erwähnen ist; zum einen, weil er als einer der ersten Amicus-Werke entstand und zum anderen, weil er mit Christopher Lee und Peter Cushing zwei Darsteller aufweist, die primär mit dem Konkurrenten Hammer in Verbindung gebracht werden.

„Die Todeskarten des Dr. Schreck“ ist ein Fest für Liebhaber des Horrorgenres. In den fünf Episoden, die den Kern des Films bilden, werden scheinbar konträre Motive des Genres gebündelt. Da gibt es gotische Verliese in alten Häusern, Werwölfe, amoklaufende Pflanzen, tödliche Voodoo-Flüche, Wiedergänger (und sei es auch nur in Form physischer Extremitäten) und Vampirismus. Jede Episode lebt von und durch eine eigene Thematik und ein eigenes Leitmotiv aus dem schier unerschöpflichen Pool, den das Horrorgenre zu bieten hat. Verbunden werden alle Mini-Filme durch die spannende und amüsante Zusammenkunft der fünf unterschiedlichen Reisenden mit dem geheimnisvollen Dr. Schreck. Wie jede einzelne Episode steuert auch diese Schicksalsverbindung auf ein erschreckendes Ende zu.

Dieser frühe Film aus dem Hause Amicus ist nun erstmals als deutschsprachige HD-Veröffentlichung erschienen. Und es ist nicht übertrieben, zu behaupten, dass mit dem jungen Label Wicked Vision ein neuer Stern am Heimkino-Himmel aufgegangen ist. Der Gruselklassiker erstrahlt in neu-nostalgischem Glanz und kommt mit einer Vielzahl an Zusatzmaterial daher.
Der Look des Filmmaterials sowie die Technicolor-Farbpalette wurden in einer 4K-Abtastung in bester Manier auf dem digitalen Datenträger konserviert, sodass sich – besonders beim Schauen über einen Beamer – tatsächliches Kinogefühl einstellt. Der Ton bewahrt den authentischen Sound des Entstehungszeitraums inklusive Patina – eben echte Maßarbeit von Cineasten für Cineasten. Die deutsche Tonspur vereint hier zum ersten Mal Kino- und TV-Synchronisation. Z.B. ist dadurch in einer kurzen Szene Synchron-Veteran Christian Rode als Stimme Christopher Lees zu hören, der ansonsten von Klaus Miedel – Jan Tenner-Fans kennen ihn als wahnsinnigen Professor Zweistein – gesprochen wird. Wechsel wie diese sind hervorragend gelungen und fügen sich ohne Qualitätsverlust in den Rest des Films ein.
Auch das Bonusmaterial kann sich sehen lassen und hält besonders durch die Dokumentation „House of Cards“ viele interessante Hintergrundinformationen über den Film, die Zeit sowie über die Amicus-Gründer und Produzenten Milton Subotsky und Max Rosenberg bereit. Filmfans werden die Aufdeckung zahlreicher Querverbindungen der „Todeskarten“ zu anderen Werken lieben. Im sachlichen Audiokommentar von Dr. Rolf Giesen und Uwe Sommerlad werden diese und andere Informationen noch einmal gewinnbringend unterfüttert. Beide Kommentatoren erweisen sich dabei als seriöse Experten in diesem Sektor. Der gesamte Film in seiner 35mm-Fassung sowie zahlreiche Trailer und weitere Paratexte runden die Extras ab. Hier wurde wahrlich nicht gekleckert, sondern geklotzt.

Summa summarum liegt mit „Die Todeskarten des Dr. Schreck“ ein sehr feines Schmuckstück für Freunde des klassischen Horrorkinos vor. Sammler und Cineasten kommen an dieser VÖ in keinem Fall vorbei. Wicked Vision präsentiert den Film sowohl als Mediabook in einer 2-Disc-Collector's Edition (BD + DVD) in zwei verschiedenen Covervarianten sowie als Standard Edition in einer Amaray-Hülle.
Der erste Streich dieses jungen Labels lässt Großes für die Zukunft erwarten: Weitere Titel sind in der Pipeline. Man darf gespannt sein.

Eine rundum gelungene Veröffentlichung eines wunderbaren Horrorklassikers in einer fabelhaften Präsentation. Klare Kaufempfehlung!

Kai Naumann