The Doors / 20th Anniversary Special Edition

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DVD Doppel
Originaltitel: The Doors (Drama, Musikfilm, USA 1990), ca. 135 Minuten
Extras: Making of; Dokumentationen „Jim Morrison – Ein Poet in Paris“ und „Back to the Roots“; Audiokommentar von Oliver Stone; Behind the Scenes; Zusätzliche Szenen mit Audiokommentar von Oliver Stone; Featurette; Interviews; Musikvideos „City of Light“ von Phil Steele und „Break on Through“; Straße zum Exzess; The Doors in L.A.; Werkfotos
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Darsteller: Val Kilmer (Heat, Double Identity, Spartan)
Meg Ryan (French Kiss, Schlaflos in Seattle, Harry & Sally)
Kyle MacLachlan (Twin Peaks, Blue Velvet, Sex and the City)
Stab: Regie: Oliver Stone
Technische Angaben: Bild: 2,35:1 (anamorph)
Sprachen/Ton: Deutsch, Englisch (Dolby Surround, 6.1 DD EX)
Untertitel: Deutsch, Englisch

Im Los Angeles des Jahres 1965 gründete der frustrierte Filmstudent Jim Morrison zusammen mit den Musikern John Densmore, Ray Manzarek und Robbie Krieger die Rockband The Doors, inspiriert durch Aldous Huxleys Werk „The Doors of Perception“, das eine Zeile des Dichters William Blake zitiert: „The doors of perception were cleansed – everything would appear to man as it is, infinite.“ Mit dieser Band und seiner langjährigen Lebensgefährtin Pamela Courson würde Morrison die Randbereiche von Musik und Poesie erforschen, getrieben von dem Ehrgeiz, die Grenzen der Realität zu erproben, „lediglich, um zu sehen, was geschehen würde“. Der Band gelingt innerhalb weniger Jahre ein erfolgreicher Aufstieg: von den Clubs in Hollywood bis nach New York, in das Reich Andy Warhols. Morrisons provokantes und betont hedonistisches Verhalten führte zu zahlreichen Konfrontationen mit dem Gesetz. Nach einer Verhaftung während eines Auftrittes wird er 1969 wegen „obszönen Verhaltens“ zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt. Schon zwei Jahre später stirbt er in seinem selbstgewählten Exil, einem Pariser Hotelzimmer an einem Kreislaufzusammenbruch.

Die Doors können heute als Symbol ihrer Zeit betrachtet werden. Ihre Musik war ambivalent: rauh und lyrisch, aggressiv und sensibel. Ganz fixiert auf Morrisons eitle, charismatische Persönlichkeit verliehen die Liveshows der Band ein unvergeßliches Gesicht, das Oliver Stone mit detailversessener Akribie rekonstruierte. Val Kilmer gelingt es, viel von Jim Morrisons energetischer und nahezu gefährlicher Bühnenpräsenz auf die Leinwand zu transportieren. The Doors (1992) ist einer der Filme, in dem Stone seinem auch in J.F.K. und Natural Born Killers angewandten „entfesselten Stil“ freien Lauf läßt: Die Montage läßt Orts- und Zeitbegriffe splittern, schafft drastische Konfrontationen und scheut an keiner Stelle von Symbolismen und überdeutlichen Illustrationen zurück. So wird Morrisons Weg begleitet von schamanischen Schutztieren und einem indianischen Medizinmann, den der Sänger als Kind einst sterben sah. Stone deutet hier eine Seelenwanderung an: Morrison gerät zu einem modernen Schamanen auf der Bühne, für den das Bad in der Masse zur Trancevision wird. Schon sehr früh parallelisiert Stone den Hang zu Massendomination mit faschistischer Agitation – eine von vielen Gleichungen, die in diesem überwältigenden Film für sich stehen bleiben, zu keinem Ende geführt werden.

Stone hatte bereits zu Lebenzeiten Jim Morrisons versucht, dessen Karriere zu verfilmen, fand jedoch keinerlei Zuspruch. War es damals die aktuelle Faszination, die ihn getrieben haben mag, war es 1991 die Distanz, die die Aufarbeitung dieses genuin amerikanischen Rockmythos’ reizvoll erscheinen ließen. Viele Zeitgenossen des Musikers nahmen an der Produktion Teil, darunter auch John Densmore, Robby Krieger, der Produzent Paul A. Rothchild, Billy Idol, selbst ein Rockidol, sowie die Filmemacher Agnes Varda und Jacques Demy. Dennoch war die Reaktion auf das fertige Werk desaströs: Kritisiert wurde hauptsächlich Stones extensives Interesse für die „dunkle Seite“ des Phänomens: Drogenkonsum, Promiskuität, Exzeß jeder Art, letztlich die Selbstzerstörung. Zudem hatte sich der Regisseur zahlreiche Freiheiten herausgenommen, die den Film eher in den Bereich der Rock’n’Roll-Fantasy verlagern: Jim Morrison verließ die UCLA-Filmschule nicht, sondern graduierte zusammen mit seinem Keyboarder Manzarek; das Lied „Light My Fire“ wurde nie als Werbe-Jingle verkauft; zudem ist es nicht verbürgt, das die Band Peyote in der Wüste zu sich nahm.

Stones Film ist somit weniger ein Denkmal für einen Musiker, seine Generation oder seine Musik; es ist ein Film über den Rock’n’Roll-Mythos, die audiovisuelle Adaption einer modernen Legende, die in aller Direktheit fast mutwillig eine Brücke schlägt zu indianischem Schamanismus, Reinkarnation, mittelalterlicher Musik und dem modischen Satanismus der späten Sechziger Jahre. The Doors ist ein zwiespältiger, selbstgefälliger Film, der mehr über die Sixties-Rezeption der neunziger Jahre aussagt, als über die Ära, die er illustriert – und der dennoch den Mythos bewahrt.

Zum 20jährigen Jubiläum dieses epochalen Biopics veröffentlicht Kinowelt eine umfassend ausgestattete Special Edition von THE DOORS, die nicht nur die bereits bekannten Extras bietet (Stones informativen und wenig affektierten Audiokommentar, das Making Of - fast eine Stunde lang -, ein Musikvideo), sondern zusätzlich umfangreiche Dokumentationen von Studio Canal präsentiert: Bemerkenswert u.a. der Interviewfilm über Jim Morrison in Paris, wo er auch verstarb. Allerdings muss man hier mit der ausschließlich französischen Perspektive leben. Spannend ist auch das Interview mit den realen Zeitzeugen in "Straße zum Exzess", darunter eine lange Analyse der Hexen-Episode.

Für Fans von Oliver Stone und der Doors ist diese Edition eine unterhaltsame Wochenendbeschäftigung.

Marcus Stiglegger