Neoklassik & Apocalyptic Folk Sommer 2007 Von Christoph Donarski * Various Artists Tal Mont De Lune Order: finalmuzik@libero.it Finalmuzik 2006, CD - International compilation including 14 tracks covering ethereal/wave, neo-folk, industrial, dark ambient and related genres Mit der vielseitigen Compilation "Tal Mont De Lune" eröffnet das italienische Label Finalmuszik sein Programm. Um die Pflege neoklassischer und düsterfolkiger Klänge soll es gehen, wobei auch die Randbereiche zur experientellen Musik überschritten werden können. Enthalten sind auf der im matt-silbrigen Digipak gelieferten CD mehrheitlich bekannte italienische Acts, zu denen sich personell assoziierte internationale Formationen gesellen. So ist die Präsenz zweier John Murphy-Projekte (Knife Ladder und Shining Vril) wohl vor allem durch die ursprüngliche Mitwirkung von Foresta di ferro (Marco Deplano, Murphy und Richard Levy) zu erklären. Mit All My Faith Lost hat man einen Cold Meat-Act im Boot, Inner Glory erscheinen auf Hau Ruck! usw. Diese Compilation bietet also einen Einblick in die Welt einer Undergroundmusikwelt, die befremdlich und divers erscheint: 'The World of the Moon', wie es der Titel nach einem Text von Francis Tami beschreibt. Vieles hier ist neu gemischt oder exklusiv: 01. THE LAST FALL "Treasure" - Taken from the
CD album "Unknown Treasures" Das Gesamtpaket ist ungeachtet der stilistischen Vielfalt gut hörbar, verzeichnet aber nur wenige Höhepunkte. Auch muss man sehen, in welche Richtung sich Finalmuszik sich letztlich voranbewegt. Für Fans der besagten Genres wird sich hier fraglos einiges finden... * Svarrogh Blakan Renaissance Ahnstern/Steinklang 2007 CD 18 Tracks Name und Schriftzug lassen Schlimmstes vermuten: Eine jener zahlreichen Blackmetalbands nämlich, die es in Darkambient-Kreise treibt, um dort zukünftig nur noch mit Intros und ohne Gitarren zu glänzen. Doch 'Balkan Renaissance' des jungen bulgarischen Musikers von Svarrogh ist erstaunlich: In 18 Tracks entfaltet er als Multiinstrumentalist ein folkloristisch-stimmungsvolles Bild des Balkans, das durch das stilvoll-erdige Coverartwork noch intensiviert wird. Musikalisch äußerst abwechslungsreich und stimmlich durchaus angenehm zeigt Svarrogh, dass die osteuropäische Undergroundkultur lebt und sich nicht auf russische Neostalinisten reduzieren lässt. Dass sich dennoch national-folkloristische Tendenzen ausmachen lassen, ist wohl durch die Nachkriegs-Krise dieser Region zu erklären, sollte aber nicht abschrecken. Musikalisch entfaltet sich hier europäische Folklore mit pulsierenden Beats und dunklen Drones, also Folk- und Ritualmusik in einem abwechslungsreichen Klangbild. Die CD ist ästhetisch aus einem Guss, ihr liegen zudem zwei kleine rotweiße Stoff-Quasten bei. Für den abentuerlustige Folkfan eine Entdeckung wert. * Julia Kent Delay Shayo 2007 CD 11 Tracks Live präsentiert die einstige Backworld-Musikerin Julia Kent ihre experimentelle Neoklassik ähnlich wie Matt Howden: als vielfach überlagerte Streicherflächen, aus denen sich langsam Rhythmen und Melodien herausschälen. Das klingt aufreibender als es sich tatsächlich anhört, denn ihre Flughafen-inspirierten Soundscapes schließen in der Tat an Brian Enos berühmte "Music for Airports" an. Wir haben es also mit organisch produzierter Ambientmusik zu tun, geschickt und vielseitig arrangiert und unverbraucht im Klang. Melancholische Cello-Melodien, gelegentliche aufwühlende Stakkati und Field Recordings ergänzen sich zu einer ganz eigenen Welt, in die man eine Stunde lang eintauchen kann. "Delay" - inspiriert von Reisen und Flughafenaufenthalten - beweist einml mehr die ernsthafte Bemühung des Schweizer Labels Shayo um leicht experimentelle und stets ungewohnlich Gegenwartsmusik. Ein faszinierendes Erlebnis, nicht unähnlich den Alben von Max Richter und Arvo Pärt. * Traum'er Leben Ursprung www.myspace.com/traumerleben Lower Saxony 2007 CD 10 Tracks Es gibt eine Tradition deutschsprachiger Folkmusik, die sich auf dem Erfolg von Forseti, Darkwood und Orplid begründet und vor allem mit stimmungsvollen Livepräsentationen Aufmerksamkeit erregte. Dies Natalis zählen dazu, Seelenthron, Aurum Nostrum und auch die Formation Traum'er Leben. Mit CD-Veröffentlichungen tun sich die Projekte mitunter schwer, denn die eigentliche Qualität dieser handgemachten Musik entfaltet sich vor allem in der direkten Darbietung und lässt sich schwer konservieren. Mit "Ursprung" hat Traum'er Leben nun auf dem eigenen Label Lower Saxony (Niedersachsen) ein volwertiges CD-Album mit 10 Tracks herausgebracht, das textlich - der Name ist Programm - um Traumwelten kreist. Das in saftigem Grün gehaltene Artwork spricht für eine romantische Naturnähe, die Bandfotos knüpfen an diesen Ansatz an. Die Musik ist vielschichtig arrangiert und von zahlreichen Beteiltigten eingespielt (die Band selbst in fünfköpfig). Gestaltung und Sound gehen qualitativ weit über ein Demo-Debüt hinaus und fallen allenfalls auf, weil man szeneuntypisch eine konventionelle Jewelcaseverpackung gewählt hat. Textlich knüpft man an die besagte Epoche der Romantik an, schafft assoziative Verbindungen zwischen Innen und Außen, zwischen Traum und Erleben. Eine Fremmdheit wird hier deutlich - von sich und von der Welt. Folglich sieht man den Weg als Reise ("Der Weg ist das Ziel", "Die Reise") und widmet die CD allen Suchenden. Ingesamt kann man das Debüt von Traum'er Leben vor allem dem Fan deutschsprachiger Liedermacherkunst empfehlen, der auch vor einer Tendenz der Inneren Emigration nicht zurückweicht. Wer nach Ambivalenzen und neuen Impulsen sucht, wird hier kaum fündig werden, und selbst wenn man im Cover mit einem Death in June-T-Shirt aufwartet, liegen die Bezüge zur Lagerfeuermystik der Fahrenden Jugend näher als zur apokalyptischen Folkmusik.
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