|
Swastika
BESTELLEN
www.absolutmedien.de/
Regie: Philippe Mora
Buch: Philippe Mora, Lutz Becker
Recherche: Lutz Becker
Schnitt: Andrew G. Patterson
Produktion: David Puttnam, Sandy Lieberson
Produktions-Land+Jahr: Großbritannien, 1973
Musik: Richard Wagner, (Auszüge aus: Parsifal, Tannhäuser, Siegfried-Idyll,
Die Meistersinger, Faust), Beethoven
Lied von: Noel Coward: Don't Let's Be Beastly To The Germans, Helen Morgan:
What Would I Do For That Man?
DVD, Farbe + s/w, 93 Min. + viele Extras
Lieferbar ab 13.08.2010
ISBN: 978-3-89848-530-2
Best. Nr.: 530
Die neue Veröffentlichung von absolut Medien
bietet eine wahrhaft irrwitzige Wiederentdeckung: Der französisch-australische
Filmemacher Philippe Mora kam in den 1980er Jahren zu berüchtigter
Popularität als Regisseur der Trash-Horrorfilme THE HOWLING II und
THE HOWLING III. Wenige wussten, dass er bereits 1976 den mit zahlreichen
Preisen ausgezeichneten Aussie-Western MAD DOG MORGAN mit Dennis Hopper
gedreht hatte. Und noch weniger Zuschauern dürfte bekannt sein, dass
er 1973 - vor seiner Kinokarriere - einen aufsehenerregenden Dokumentarfilm
über das Dritte Reich gedreht hatte: SWASTIKA.
37 Jahre nach dem einstigen Skandal liegt
der Found-Footage-Klassiker nun also erstmals in Deutschland zur Evaluation
vor. Die Uraufführung 1973 bei den Filmfestspielen in Cannes
wurde abgebrochen, da der Schock über einen unbedarft wirkenden Hitler
in Farbe zu sehr den gängigen Seherfahrungen widersprach. Umso spannender
also, die Collage aus NS-Archivaufnahmen und Eva Brauns Home-Movies nun
aus der zeitlichen Distanz zu sehen.
Tatsächlich ist ein unkommentierter Dokumentarfilm
heute nichts Ungewöhnliches, und in der Montage sprechen die kontrastiven
Fragmente für sich - einen reflektierten Zuschauer vorausgesetzt.
Zugleich wirkt der Film bizarr, denn die eigentlich stummen Privataufnahmen
von Eva Braun wurden von Lippenlesern ausgewertet und nachträglich
mit einer deutschen Synchronisation belegt, die zeigt, wie banal die Alltagsgespräche
der Nazigrößen tatsächlich waren (etwa in der kurzen Diskussion
über den Film GONE WITH THE WIND). Andererseits: Wer hätte anderes
erwartet? Die Kritik an DER UNTERGANG, dessen Inszenierung vermenschliche
Hitler, kann hier kaum greifen, denn Mora kann man allenfalls die Auswahl
seiner dokumentarischen Fragmente vorhalten, die zugleich für sich
sprechen. Insofern ist SWASTIKA zugleich kontrovers - und auch wieder
nicht.
Ist SWASTIKA ein Gewinn für die mediale Aufarbeitung
des Dritten Reiches? Zweifellos ist Moras Zugang einzigartig und konsequent
- aber auch manipulativ und polarisierend. Unfreiwillig nimmt er Elemente
vorweg, die man heute mit Produktionen aus Guido Knopps Redaktion verbinden
würde. SWASTIKA erreicht so stellenweise durchaus Spielfilmdimension.
Zwischen den Bildern allerdings entlarvt sich das System selbst, denn
die Montage fügt zusammen, was scheinbar nicht zusammen gehört:
In der zweiten Häfte verbindet sie u.a. den Schrecken der KZ-Bilder,
die visuelle Dogmatik der offiziellen Propagandabilder und der Massenaufmärsche
mit der idyllischen Banalität des privaten Kaffeekränzchens
auf dem Obersalzberg.
Die umfassend ausgestattete DVD von SWASTIKA ist letztlich
eine sehenswerte und spannende Wiederentdeckung, die vor allem die gegenwärtigen
Tendenzen der medialen Geschichtsaufarbeitung vorwegnimmt. Unter dem reichhaltigen
Bonusmaterial finden wir eine historische Einführung, ein informatives
Interview u.a. mit Philippe Mora, ein historisches BBC-Interview zum Film
mit Albert Speer, der auch im Film erscheint und das Geschehen aus seiner
Sicht kommentiert etc.
:ms:
|