Holger Pinter

Macht, Erfolg und andere Werte
Sozialdarwinistische Ethik in Theorie und Praxis

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Edition Esoterick 2007

Eine Beschäftigung mit dem amerikanischen Satanismus nach Anton LaVey und seiner Church of Satan macht relativ schnell deutlich: hier geht es nicht um romantische Realitätsflucht oder sektiererisches Untertauchen. Satanismus LaVeyscher Prägung ist Materialismus pur - und somit hochgradig geeignet für ein Bestehen in der Welt des frei flottierenden Kapitalismus.

Im Satanismus geht es um Macht, Erfolg und Reichtum. Das erklärt, warum vor allem morbide Vertreter der Popkultur dieser Vereinigung einem Geständnis gleich huldigen (Marilyn Manson allen voran). Eng verknüpft mit dieser Welt des radikalisierten Willens zur Macht (im Sinne des 'wahren Willens' versteht sich, des "werde, was Du bist" Nietzsches), ist der berüchtigte Begriff des Sozialdarwinismus'. Wer nun erneut an Nietzsche denkt, hat einen der philosophischen Vorläufer bereits erkannt, reduziert allerdings auf seine Thesen zum 'Willen zur Macht', die bekanntlich posthum und unautorisiert zusammengestellt worden waren.

Offener und direkt begegnen wir jener Philosophie der Macht bei dem 1896 unter dem Pseudonym Ragnar Redbeard herausgegeben Buch 'Might is right. The Survival of the Fittest'. Deutlich im Zeichen der Evolutionslehre Charles Darwins und deren partielle Adaption auf das Sozialsystem durch herbert Spencer wird hier klargestellt: der Mensch ist ein Tier, das gefährlichste von allen, und um zu dominieren, muss er nur zu seinen Instinkten zurückfinden und die christliche Polarität von Gut und Böse auflösen. Mit einem Vorwort von LaVey ist dieses Buch nun auch in einer deutschen Übersetzung erschienen - über hundert Jahre nach seinem Entstehen. Und noch immer rätselt man, ob nicht doch der große Abenteuerromancier Jack London hinter dem Pseudonym steckt.

Wer sich mit Industrial Culture beschäftigt, die von je her nach den Randbereichen tastet, wird spätestens über Boyd Rice auf Redbeard gestoßen sein, aber auch auf Oswald Spengler, dessen unverwüstliche Geschichtsphilosophie 'Der Untergang des Abendlandes' (1930) die Idee der 'Stählernen', Instinktgeleiteten atmet. Holger Pinter, ein vierzigjähriger Autor und - so stell er sich dar - erfolgreicher Lebenskünstler, hat sich an diesen und weiteren Namen orientiert: Michel Foucault, Hannah Arendt, Heinz von Foerster, Thomas Harris, Ludwig Wittgenstein, Fjodor Dostojewskij u.a. tauchen in illustrer Reihenfolge und Kombination auf. Obwohl es Pinters Ziel ist, ebenso wie Spengler und Redbeard an einen Elitemenschen zu appellieren, der zu werden getrachtet, "was er ist", bedient er sich eingestanden und bewusst eines plaudernden Jargons, der sehr populär Alltagsbeispiele und hehre Zitate konfrontiert. Sein kleines Buch "Macht, Erfolg und andere Werte" erinnert so eher an einen Lebenshilfe-Ratgeber denn an ein "philosophisches Hauptwerk", wie es Pinter selbst auf seiner MySpace-Darstellung nennt. Und als Ratgeber erinnert das Buch durchaus an veritables Managertraining: achtet auf Euer Äußeres, lebt gesund, Ihr müsst nicht bei allen beliebt sein, bildet Euch weiter, begreift Euch als Krieger - all diese Forderungen sind aus der Welt des Hochkapitalismus bekannt. Pinter bringt das mit lockerer Geste auf den Punkt und hält so tatsächlich einige brauchbare Ratschläge parat, auch wenn er am Ende seinen starken Bezug zu Robert E. Howards Conan-Figur eingestehen muss, die in dem Film eines weiteren Sozialdarwinisten (John Milius) eine genialische Leinwandinkarntion erfahren durfte.

Wer sich ernsthaft mit einer Ethik und Theorie des Sozialdarwinismus auseinandersetzen möchte, ist mit Redbeard - vor allem aber mit den eigentlichen Quellen dieser Strömung (etwa Nietzsche) - erheblich besser bedient. Insofern ist Pinters Büchlein eher für den eiligen oder den einsteigenden Leser gedacht. Der Verlag Edition Esoterick hat zusätzlich Redbeards 'Might is right' im Programm und wird demnächst eine Anton LaVey-Biografie anbieten, auf die man gespannt sein kann.

MaNic