|
Sommergäste
BESTELLEN
Absolut medien 2007
Arte edition
Länge 115 Min.
18-seitiges Booklet
„Wir sind nur Sommergäste in unserm Land“
(Warwara)
Die Schaubühne am Halleschen Ufer galt in den 1970er
Jahren als das innovativste Theater der Bundesrepublik. Geprägt wurde
das Haus von den Regisseuren Peter Stein und Klaus Michael Grüber,
vom Bühnenbildner Karl-Ernst Herrmann, von den Schauspielern Bruno
Ganz, Edith Clever und Jutta Lampe und vom sogenannten Mitbestimmungs-Statut,
wonach alle Mitarbeiter an jeglicher Entscheidung zu beteiligen waren.
Eine der wichtigsten Inszenierungen war 1974 Peter Steins „Sommergäste“,
nach dem 1904 im Moskauer Künstlertheater uraufgeführten Theaterstück
von Maxim Gorki. Es handelte sich jedoch nicht nur um eine Theaterinszenierung,
sondern zudem um eine 'Unternehmung’, wie der Kritiker Peter Iden
die den üblichen Rahmen des Theaters häufig sprengenden Projekte
der Schaubühne einmal nannte. Denn zugleich entstand ein Spielfilm,
dessen Drehbuch sogar als unmittelbare Textvorlage für die Theaterinszenierung
diente. Die bis heute als überragend geltende Ensembleleistung, mit
den oben genannten 'Stars’ der Schaubühne sowie Otto Sander,
Ilse Ritter, Gerd Wameling, Eberhard Feik u.a., die Peter Stein mit seinem
damaligen Dramaturgen Botho Strauß initiierte, ist 2007 bei Absolut
Medien in der arte Edition auf DVD erschienen.
Sommergäste, das zweite Stück von Maxim Gorki,
trägt noch die Züge der Dramen von Anton Tschechow, der zuvor
das Moskauer Künstlertheater mitgeprägt hatte. Denn die feine
Gesellschaft der Sommergäste, die in der Datscha des Rechtsanwalts
Sergej Basow zusammenkommt, sie langweilt sich vor allem, sie hadert mit
ihrem Leben, das keine Abwechslung bietet, aber kaum einer tut etwas dagegen.
Das gilt jedoch nicht für Alle. Da gibt es welche, die rebellieren.
Die Jüngeren zunächst mit beißendem Spott, die Älteren
zunächst mit dem Glauben an das Gute im Menschen, all diese zusammen
am Ende damit, dass sie die Datscha verlassen.
Dem Ensemble der Schaubühne gelang es auf bemerkenswerte
Weise diese – von revolutionären Aktivisten bereits unterwanderte
– lebensmüde Gesellschaft mit Leben zu füllen. Da ist
kaum einer, den man als sympathisch bezeichnen könnte. Hassenswert
ist aber ebenfalls keiner, selbst nicht der von Otto Sander gespielte
Pjotr, der zumindest dazu steht, dass es ihm nur ums Fressen und Saufen
und … geht. Was die Figuren auszeichnet, ist auch das Revolutionäre
des Stückes selbst. Der von Gerd Wameling gespielte Zamyslow spricht
es einmal aus: „Ich glaube, wir sind nur kompliziert.“ In
der Tat sind die Figuren komplex und nur begrenzt auszurechnen in ihrem
Handeln. Fortschrittlich sind zudem die Frauenfiguren. Sie widersetzen
sich ihren Männern und Peter Stein hat das Rebellische der Frauenfiguren
zusätzlich akzentuiert.
Doch „nicht die triumphalen, siegreichen Aspekte
einer emanzipatorischen Bewegung, sondern die Verfangenheit im Alten,
die quälerischen und selbstquälerischen Aspekte dieses Impulses
»Rauszugehen« - sie sind Gegenstand und Thema des Films“,
sagte Peter Stein Ende 1975 in einem Interview für die Münchener
Abendzeitung. Was darüber hinaus beeindruckt, ist die Diskrepanz
zwischen der wirklichen wunderschönen Natur im Film, den realen Birkenwäldchen
etwa, und den sich zerfleischenden Menschen, die sich darin bewegen. Auf
der Bühne hatte sich diese Wirkung gewiss nicht so eingestellt. Das
Interview mit Peter Stein findet sich im ansprechenden 18-seitigen Booklet
zur DVD, worin auch eine Besprechung des Films vom bekannten damaligen
Kritiker für die „Welt“ Friedrich Luft abgedruckt wurde.
Schade nur und eigentlich auch enttäuschend ist, dass die DVD kein
Bonusmaterial hat.
Thomas Klein
absolut MEDIEN GmbH
Oranienstr. 24, 2. Hof, 3. Stock
10999 Berlin
Fon: 030/285 39 87 0
Fax: 030/285 39 87 26
|