Skitliv

Skandinaivsk Misantropi

CD 2009

Der Name ist Programm: Skitliv – Scheißleben. Schon immer war die extreme Metal-Szene fasziniert vom Körperlichen, sei es der Grindcore mit seiner skatologischen Fixierung inklusive Carcass und ihrer Vertonung von Autopsiefachvokabular, sei es der Black Metal und Mayhem, bei welchen sich Sänger Dead regelmäßig mit Messern traktierte während am Bühnenrand aufgespießte Schweineköpfe den Zuschauer mit einem unausweichlichen Gestank konfrontiert bis hin zu Nattefrosts Alben voller Fäkalien, Sperma und Blut – der menschliche Zerfall ist derart nur im Industrial oder bei den Wiener Aktionisten präsent. So ist Skitliv in diesem Sinn die logische Konsequenz dessen, was Sänger Maniac mit Mayhem geleistet hat und führt die Linie fort, nur schleifender, doomiger – Mayhem im Kriechgang. Ihm zur Seite steht Niklas "Kvarforth" Olsson der Suicide-Black-Metaller Shining - eine Allianz, die in einen dichten und ebenso brachialen, dennoch schleifenden und zähen Sound mündet. Skandinavisk Misantropi ist die Philosophie des Boudoirs in Slow-Motion, es ist die Monade, die in ihren eigenen Körpersäften kocht – ein Eiter kotzendes Geschwür voller jämmerlicher Menschlichkeit. Dennoch reiht sich das Album nicht ein in die Tradition der großen transgressiven Metal-Alben, denn insgesamt ist das Album dann doch zu zugänglich, zu brav ausgefallen, worüber auch die Beteiligung von David Tibet nicht hinwegtäuschen kann – vielleicht weil sich der Wille zu ständigen Grenzüberschreitungen irgendwann erschöpft, vielleicht weil einfach schon alles in diese Richtung gesagt wurde. Dennoch ist Skitlivs Erstwerk ein ordentliches Borderline-Album zwischen Selbsthass, Zerstörung, Dekadenz, Drogenmissbrauch, Asozialität, Metal und Ambient, das ruhig etwas mehr Dreck in den Lungenflügeln haben könnte.

Martin Kreischer