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Silent Hill: Homecoming
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(Konami) PlayStation 3, Xbox 360
„Im Kampfe, im Kriege, der alle Übereinkunft
vom Menschen reißt wie die zusammengeflickten Lumpen eines Bettelmannes,
steigt das Tier als geheimnisvolles Ungeheuer vom Grunde der Seele auf.“
Ernst Jünger – Der Kampf als inneres Erlebnis
Nur wenig ist von der großen Erwartung an die Reihe
Silent Hill geblieben. Silent Hill 2 führte neue Form des psychologischen
Erzählens in Videospielen ein: Silent Hill, das Horror-Städtchen
des ersten Teils, wurde zu einem Fegefeuer, zu einer inneren Katharsis
des Protagonisten, der sich schuldig gemachte hatte, der seine eigene
Hölle durchleben musste, um die eigenen Fehler zu erkennen und dafür
zu büßen. Eine freudianische Reise durch das Unbewusste voller
skurriler Monster, die alle einen Widerhall in der Tat des Protagonisten
hatten.
Nicht Zombies oder beliebige Schrecken aus der Unterwelt
wurden bekämpft, sondern die eigenen inneren Bilder einer Psychose.
Silent Hill 3 hatte noch Spuren dieser Rite de Passage, hier ging es um
das Erwachsenwerden eines Mädchens. Spätestens seit dem Film
Silent Hill rückte jedoch immer mehr der merkwürdige Kult, der
bereits im ersten Teil der Spielreihe eingeführt wurde und dessen
okkulte Rituale in den Vordergrund: Statt sich auf die psychologische
Komponente zu konzentrieren wurde Silent Hill zu einem weiteren Salem
stilisiert. Nun erscheint mit Silent Hill: Homecoming ein weiterer Teil
der Spielserie der die Hoffnung weckt, dass der alte Kurs wieder eingeschlagen
wird: Ein Kriegsheimkehrer, der in seine Heimatstadt zurückkehrt
muss feststellen, dass sein junger Bruder verschwunden ist und macht sich
auf die Suche nach ihm.
Es ist durchaus möglich in diesem Spiel eine Reflektion
auf die Gräuel des Krieges zu sehen, mit einen Protagonisten, der
den Krieg nicht hinter sich lassen kann und dessen Leben von Horrorvisionen
bestimmt ist. Die organischen Wände, die von einer Art Gedärm
überzogen sind, die fleischigen „Türen“, durch die
sich der Spieler wortwörtlich durchschneiden muss, medizinische Geräte,
die nicht mehr heilen sondern voller Blut und Rost entstellt wurden –
das alles funktioniert in diesem Gothic-Horror-Spiel wunderbar als Allegorie
der Sterbens und Dahinsiechen. Leider führt die Story besonders im
späteren Verlauf wieder zurück zu dem okkulten Plot des ersten
Teils und des Films – die Entwickler wollen zu sehr den Brückenschlag
zu den Vorgängern der Serie.
Silent Hill: Homecoming funktioniert allerdings auch als
ansprechendes Gruselabenteuer, dafür sind die Kreaturen wieder wunderlich
grotesk, die Atmosphäre dicht und stimmig. Erneut ist es vor allem
der Soundtrack von Akira Yamaoka, der die Stimmung maßgeblich beeinflusst:
Kontraste zwischen Stille und Krach, lange, pulsierende Drones treffen
auf maschinellen Industrial. Organisches und metallisches stehen sich
im Sound genauso gegenüber, wie Licht und Schatten in der Grafik
ein faszinierendes Chiaroscuro bilden. Silent Hill: Homecoming mag nicht
ganz die psychologische Komponente von Silent Hill 2 erreichen, es ist
allerdings ein einnehmendes Game, dass dem Ruf der Reihe näher kommen
wird als Silent Hill: Origins und Silent Hill 4: The Room.
Martin Kreischer, 24.5.2009
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