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SECRETARY
4,5 / 5 Sterne
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USA 2003
Anbieter: Sunfilm Entertainment (D).
Regie: Steven Shainberg
Bild: 1:1,85 anamorph
Ton: deutsch (dts, 5.1), englisch (2.0, 5.1)
Untertitel: deutsch (optional)
Bonus: Interviews, Behind the Scenes, Biografie, Trailer.
„Secretary“ – die Verwalterin der Geheimnisse.
Die Analogie zum englischen Wort „secret“ dürfte auffälliger
sein als im deutschen Sprachgebrauch. Von daher ist es auch verständlich,
warum gerade die Sekretärin ein Archetyp der 'geheimen Geliebten’
geworden ist, sie, der nichts verborgen bleibt, der ihr Vorgesetzter mitunter
machtlos ausgeliefert ist – obwohl er den Anschein der 'geordneten
Verhältnisse’ bewahren möchte.
SCRETARY, ein tragikomischer Liebesfilm von Steven Shainberg,
erzählt mit prominenter Besetzung (James Spader, Maggie Gyllenhaal,
Patrick Bauchau) und den Mitteln der Beziehungs-Komödie von einer
autoagressiven jungen Frau, Lee Holloway (der „Weg der Leere“),
die in der submissiven Funktion einer zu allem bereiten Sekretärin
die Erfüllung ihres Lebens findet. Als ihr Chef Mr. Grey (die „Grauzone“)
diese Liebe zurückweist, beginnt sie, um ihn mit allen Mitteln zu
kämpfen – und sei es auf Kosten ihres Lebens. Der Film nähert
sich der problematischen Thematik auf publikumsnahe, unterhaltsam-komödiantische
Weise, ohne dabei seine Figuren preis zu geben und ins Banale abzugleiten.
James Spader knüpft als unterkühlter Anwalt an seine Rollengeschichte
sexuell eigenwilliger Charaktere an, wie sie etwa in David Cronenbergs
CRASH vorkommen. Die junge Maggie Gyllenhaal (bekannt aus DONNIE DARKO)
beweist in dieser komplexen und fast abstrakten Rolle eine erstaunlich
schauspielerische Reife. Sie zeigt, dass das Borderline-Syndrom von Lee
Autoaggression als Schlüssel zur Selbsterkenntnis nutzt; sie möchte
den seelischen Schmerz nach Außen tragen, da die familiäre
Umwelt nur mit Unverständnis auf sie reagiert.
Über die bizarre Sexualität, die sie mit Grey
zusammen kultiviert, transportiert der Film Einsichten in eine humane
Lebensphilosophie, die Lust und Schmerz zugleich als Lebensanteile anerkennt.
Lee Holloways Vater formuliert diese These sehr direkt, als sie im Rahmen
ihres finalen Opfers, eines Hungerstreiks, halluziniert. Auch Mr. Grey
deutet Lees Verhalten bereits sehr früh im Dialog, doch erweist er
sich zunächst selbst als unfähig, damit umzugehen. Angesichts
dieser sehr ambivalenten und vielschichtigen Personenkonstellation wird
vor allem die latente Entfremdung des bürgerlichen Umfeldes von Lee
deutlich: der neurotische Verlobte, der alkoholkranke Vater, die überbesorgte
Mutter usw. Lee gerät dem Film dennoch zum Symbol weibliche Stärke:
sie agiert, ist aktiv – Grey dagegen bleibt verkrochen und passiv,
kulminierend in dem Bild von ihm auf seinem Laufband, auf dem er endlose
Strecken zurücklegt. Grey empfindet Schuld, während Lee zum
Opfer bereit ist. Obwohl er sie zunächst ablehnt, fällt sie
nicht endgültig ins bürgerliche Schema zurück.
Die Inszenierung konzentriert sich primär auf stilisierte
hermetische Innenräume: das Büro, das Elternhaus, die Wohnung.
Jede von Lees Bezugspersonen bekommt spezielle (Zeichen-) Räume zugeordnet.
So wird von Beginn an keine Realitätsillusion angestrebt: Wir befinden
uns in symbolischen Räumen, die das Innenleben ihrer Bewohner spiegeln.
Lees eigene Phantasiewelt wird dominiert von kitschigen Bonbonfarben,
Greys Büro erreicht in seiner Eichenholzschwere fast Dimensionen
der Residenz eines 'gothic villain’, eines verführerischen
'décadents’. In der zentralen Traumsequenz werden diese widerstrebenden
Motive auf groteske Weise kombiniert. – Regisseur Shainberg erwähnt
im Interview, er hätte zunächst keine Unterstützung in
Hollywood gefunden, da seine Heldin am Ende nicht ihr 'Problem’
löse. Und genau hier liegt die Qualität des Films: Dass er sich
entfernt von psychoanalytischer 'Entschuldigung’ seiner seelisch
belasteten Charaktere, diese vielmehr in ihrer Eigenart anerkennt. SECRETARY
präsentiert Sadomasochismus als Metapher für eine positive Selbsterfahrung,
für die Chance, ein selbstbestimmtes Leben zu kultivieren –
selbst innerhalb der bürgerlichen Verdrängungskultur.
SECRETARY ist in Deutschland bei Sunfilm Entertainment
als DVD erschienen. Neben dem deutschen und englischen Ton (u.a. in dts)
werden Interviews, Aufnahmen von den Dreharbeiten, Biografien und Trailer
geboten.
Melanie Dietz & :ms:
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