RLW

The pleasure of burning down churches

CD mit 4 Tracks im Digipack Black Rose Recordings (CD)

Ralf Wehowsky oder eben RLW ist nun schon seit über einem Vierteljahrhundert aktiver Mitgestalter des (Post)-Industrial Geschehens. Seine musikalischen Errungenschaften erschöpfend darzustellen, sprengt den Rahmen einer Rezension. Festhalten lässt sich aber, dass man es wirklich mit einem „alten Hasen“ zu tun hat. Dann verwundert auch das immense handwerkliche Geschick nicht, das hier an den Tag gelegt wird.

Der recht provokante Titel „The pleasure of burning down churches“ soll nicht etwa in Richtung Norwegen deuten, sondern nach Vietnam, fernab europäischer Wohlstandsfrustriertheit.
Dort traf Herr Wehowsky wohl auf einen US-amerikanischen Vietnam-Veteranen, der einige Zeit nach dem Krieg zurück zu den Orten seines „ehemaligen Ruhmes“ gefunden hat. Dieser Ex-G.I. muss wohl sehr enthusiastisch von seinen Bombermissionen gesprochen haben inklusive dem Fakt, dass Kirchen ein sehr guter Anhaltspunkt für einen Abwurf seien, da sie meistens das höchste Gebäude eines Dorfes sind.

Mit diesem Paradebeispiel an freudiger Destruktivität im Hinterkopf ist man am Anfang der CD dann etwas irritiert. Es beginnt kaum hörbar, fast sanft, überhaupt wird dieser Tonträger nie wirklich rabiat. Es wird deutlich, dass es sich um eine sehr kopflastige Auseinandersetzung mit dem Thema handelt. Auch geht man zum Beispiel im 3. Stück ganz anderen Gedanken nach:Es spannt sich ein Bogen vom Kirchen-Bombardement über den hektischen Alltag hin zu ganz intimer zwischenmenschlicher Destruktivität. Viele lange Samples kommen zum Einsatz: Aggressiv hupende Autos (vermutlich im Verkehrschaos einer Großstadt), am Ende kurz eingeschobenes asiatisches rituelles Getrommel, und auch eine (hoffentlich fiktive) Telefonaufzeichnung, bei der ein offensichtlich aufgebrachter Teilnehmer seine Paranoia und Aggression gleichermaßen auf die Spitze treibt.

Was artifizielle Geräusche angeht, so bleibt Wehowsky äußerst minimalistisch, er beschränkt sich auf kurze Melodie- oder Geräuschfragmente und lässt es sich auch nicht nehmen, kurzfristig Stille einkehren zu lassen. Ebenso wirkt die Verpackung eher zurückhaltend, es enthält nur knappe Informationen, keinen unnötigen Ballast. Dieses sperrige Konstrukt wird vermutlich dazu führen, dass selbst unter selbst erklärten Fans akustischer Geräuschmalerei sich nur wenige für diesen Tonträger begeistern werden. Gerade weil diese CD volle Aufmerksamkeit zwingend erfordert, ist sie die Auseinandersetzung absolut wert. Halt einmal etwas mit wirklicher, wenn auch minimalistischer Substanz, statt nur der ewigen Folgen von Klangwand auf Klangwand.

Daniel Novak