Elend Winds Devouring Men (Prophecy 2003) CD 10 Tracks Antimatter Lights Out (Prophecy 2003) CD 8 Tracks Das deutsche Label Prophecy hatte sich ursprünglich im Bereich anspruchsvoller Metalmusik etabliert, entwickelte sich jedoch mit der Persönlichkeit seiner Macher weiter in musikalisch offenere Gefilde, die heute von Neoklassik und Neofolk bis bin zu düsterem Triphop reichen. Auch ein Buch entstand bereits in diesem Kontext: Lords of Chaos. Grund genug, die neuen Veröffentlichungen dieses Labels im Auge zu behalten. Zwei CDs ragen momentan aus dem Musikgeschehen deutlich heraus: die neuen Werke von Elend und dem britischen Dark-Trip-Projekt Antimatter. Elend gehören zu jenen neoklassisch ausgerichteten Gruppen, die souverän das Erbe der inzwischen aufgelösten Edel-Gothics Dead Can Dance aus Australien antreten. Das österreichisch-französische Projekt wurde Anfang der neunziger Jahre gegründet, um ein "Office de Ténèbres", eine Leidensmesse in drei Teilen zu komponieren. Nach Abschluss dieses aufwändigen Projektes wurden die Perspektiven kreativ geweitet. "Winds Devouring Men" ist nun der fünfte Tonträger, der musikalischen einen fanszinierenden Bogen spannt von getrangener, sakraler Neoklassik, Musique concrète über rituelle Trommelpassagen, lärmige Industrialakzente bis hin zu folkiger Liedermacherkunst. Als Basis dient ein in französisch und englisch verfasstes episches Gedicht, das als Variation der klassischen Odyssee erscheint. Die Texte sind in einem umfangreichen Booklet abgedruckt, das sich hervorragend in die eindrucksvolle schwarz-rote Gestaltung des dreiteiligen Klappcovers einfügt. Hier wird die CD zugleich zur haptischen Kunstform. Die Gesangsstimme erinnert stellenweise an Brendan Perrys pathetischen Gesang bei Dead Can Dance, löst sich aber immer wieder von diesem Vorbild, um ganz eigenen Ausdruck für Schmerz, verzweiflung und Elend zu finden. Sehr komplex wird dieses Konzept in Track 4 "Under War-Broken Trees" präsentiert, das zwischen sakraler und finster-destruktiver Stimmung changiert. Track5 "Away From Barren Stars" wird mit seinen grollenden Perkussions auch Freunde unter den Military/Industrial-Fans (z.B. Sophia) finden. Neben Dernière Volontés neuem Werk ist diese CD von Elend eine der besten dieses Jahres. Antimatter ist das Soloprojekt des Ex-Songwriters der Progressive-Metal-Band Anathema Duncan Patterson, der sich mit der Sängerin Michelle Richfield zusammentat, um fortan atmosphärischen Trip(hop)-Sound mit Gitarrenakzenten zu produzieren. In acht langen Tracks wird eine melancholische und stellenweise bedrohliche Stimmung etabliert, der die klare, helle Stimme der Sängerin strategischen entgegenarbeitet. was mit einer Luftschutzsirene beginnt, entwickelt sich bald zu einem faszinierend vielschichtigen Werk dunkler Liedermacherkunst mit trippigen Rhythmen und traurigen Keyboardmelodien. Gelegtenlich bricht eine klagende E-Gitarre durch, dezente Akustikpassagen oder ein geheimnisvolles Wispern. Die brüchige Männerstimme ist zunächst gewöhnungsbedürftig, entwickelt aber bald ihre ganz eigenen Qualitäten. Wer mit Silver Mt. Zion, Godspeed You! Black Emperor, Bohren und der Club of Gore oder Massive Attack etwas anfangen kann, sollte hier genauer hinhören... Aber auch David Bowie und Pink Floyd kann man hier zwischen den Klängen durchhören. "Lights out as you hit the ground..." Christoph Donarski |
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